Bankenpolitik: Freiwillig ins Schlawiner-Schmuddeleck

Bei der Hypo Alpe Adria agiert die Politik wie beim Bankgeheimnis: mit Schmäh und passivem Widerstand, bis nichts mehr geht – um dann doch noch umzufallen.

Jetzt geht also doch was weiter: Schon demnächst wird die Hypo Alpe Adria ihre Österreich-Tochter verkaufen und sich damit bei der EU-Kommission, der die Abwicklung der Kärntner Krisenbank schon entschieden zu lang dauert und die deshalb ziemlich Stress macht, ein bisschen Luft verschaffen.

Das ist natürlich ein eher symbolischer Akt. Denn die Österreich-Tochter ist mit 17 Standorten und rund 450 Mitarbeitern eher nur ein „Bankerl“. Die politische Großmannssucht, die die regionale Landesbank zum Big Player auf dem Balkan aufgeblasen hat, hatte außerhalb der österreichischen Grenzen ihr Betätigungsfeld.

Wer immer den Zuschlag bekommt (es soll ja immerhin zwei Interessenten geben): Mehr als einen mittleren bis höheren zweistelligen Millionenbetrag wird er dafür nicht auf den Tisch blättern müssen. Im Vergleich zum Gefahrenpotenzial, das die frühere Haider-Bank noch immer für das österreichische Budget darstellt, sind das Peanuts.

Es geht nur darum, im allerletzten Augenblick noch Goodwill zu zeigen, um zu verhindern, dass die EU ihre Drohung, die Bank mangels Initiative der Österreicher bis zum Jahresende zu zerschlagen, wahr macht. „Im allerletzten Augenblick“ ist übrigens keine Übertreibung: Die Frist für die Abgabe eines schlüssigen Sanierungskonzepts samt Abverkaufsfahrplan für die operativen Töchter wurde gerade erst von Ende April auf Ende Mai verlängert. Dann muss es aber da sein, das Konzept.

Und damit sind wir beim urösterreichischen Kernproblem: Dass die notverstaatlichte Hypo insgesamt de facto pleite ist, saniert werden muss und dass das mit einem Abverkauf von Einzelstücken verbunden ist, weiß man seit fünf Jahren. Klar: Es gibt entschieden leichtere Aufgabenstellungen, als operative Töchter einer Wackelbank mitten in einer Krise in einem überbesetzten Markt wie Österreich oder in Problemmärkten wie Südosteuropa zu verkaufen. Da sind potenzielle Käufer in einer verdammt starken Position. Der Wunsch, die Sache ein paar Jährchen hinauszuziehen, bis es wieder einen vernünftigen Markt für Banken gibt, ist also verständlich. Wenngleich, wenn man sieht, wie die EU-Kommission tickt, nicht sehr realistisch.

Das wissen alle politischen Player im Land seit Langem. Genauso, wie sie seit mindestens zehn Jahren wissen, dass das Bankgeheimnis in der gewünschten Form nicht zu halten ist. Und ebenso lang verhalten sie sich in beiden Fällen so, wie sich österreichische Politiker im internationalen Umfeld eben zu verhalten pflegen: „Mir wern kan Richter brauchen“, statt die Dinge anzupacken. Ein bisschen Schlitzohrigkeit, ein bisschen Schmäh, die werden das schon nicht merken.

Das Ergebnis ist immer wieder dasselbe: Am Ende müssen die Dinge – egal, ob beim Bankgeheimnis oder bei der Hypo – ja doch gemacht werden. Aber Österreich hat sich in der Gemeinschaft wieder einmal selbst ins Schlawiner-Schmuddeleck gestellt. Und gerät zudem unnötig unter Stress. Denn all die lustigen Dinge, die jetzt zur Krisenbewältigung im Gespräch sind (etwa die Bad Bank) hätte man schon längst in Ruhe installieren können. Man sollte ja annehmen, dass auch Politiker lernfähig sind und aus immer wiederkehrenden Misserfolgsmustern die Konsequenzen ziehen. Das ist aber ganz offensichtlich eine Fehlannahme.

Dabei geht es um nicht wenig Geld: Unterm Strich wird die von größenwahnsinnig gewordenen Landespolitikern eingebrockte Pleite des früheren „Bankomaten“ des Systems Haider (unter anderem wegen vom Land Kärnten eingegangener Milliardenhaftungen) zwischen fünf und 16 Mrd. Euro kosten. Wobei hoffentlich nicht die von der Nationalbank errechnete Worst-Case-Variante schlagend wird. Das wären nämlich ziemlich genau 2000 Euro pro Österreicher oder 8000 Euro pro vierköpfiger Familie. Ein etwas teurer Spaß.

Und damit sind wir bei einem Punkt angelangt, der noch erstaunlicher ist als das seltsame Gehabe der heimischen Politik: Es stehen zwar einige Manager der Pleitebank vor Gericht (und es hat auch schon Urteile gegeben). Aber kein einziger der für die Misere verantwortlichen Landespolitiker. Man hat aus der Sache also nichts gelernt.

E-Mails an: josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.05.2013)

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