Österreichs Fußball droht der Rückfall in Zeiten der Verhaberung

Die Österreichische Fußballnationalmannschaft vor dem Spiel gegen Serbien am Freitag, den 6. Oktober 2017.
Die Österreichische Fußballnationalmannschaft vor dem Spiel gegen Serbien am Freitag, den 6. Oktober 2017.(c) GEPA pictures / Mario Kneisl
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Peter Schöttel wurde trotz fehlenden Konzepts zum neuen ÖFB-Sportdirektor bestellt. Folgt jetzt noch Andreas Herzog als Teamchef, dann ist alles wie früher.

Der Österreichische Fußballbund (ÖFB) ist in den vergangenen Tagen und Wochen in arge Turbulenz geraten, er hat Negative Campaigning in eigener Sache betrieben. Jüngstes Beispiel ist die Ablöse Willi Ruttensteiners als Sportdirektor und die gleichzeitige Bestellung von Peter Schöttel. Ruttensteiner, 54, hatte den ÖFB seit 1999 in seinen Strukturen grundlegend verändert, er galt als Querdenker und akribischer Arbeiter. Jetzt aber ist seine Arbeit nicht mehr gefragt. Der Oberösterreicher hatte anlässlich der Präsidiumssitzung am Samstag in Wien eine Analyse zur sportlichen Talfahrt des Nationalteams seit der Europameisterschaft 2016 dargelegt. Doch egal, wie treffend diese auch gewesen sein mag, sie war überflüssig und nicht mehr ausschlaggebend.

Denn neben Teamchef Marcel Koller sollte mit Ruttensteiner auch noch ein zweiter Hauptschuldiger an der Misere gefunden und verabschiedet werden. Vor allem auf Geheiß des Gros der neun Landespräsidenten, die neben Präsident Leo Windtner und drei Vertretern der Bundesliga das stimmberechtigte Gremium im ÖFB bilden. Erschreckend an dieser Entscheidung ist die Tatsache, dass nicht die fachlichen Qualitäten der beiden Kandidaten gegenübergestellt wurden. Windtner bestätigte dies sogar, als er von kommunikativen Differenzen zwischen Ruttensteiner und manchen Landespräsidenten sprach. „Das hat sicher den Ausschlag gegeben.“

Und so trat Samstagmittag also Peter Schöttel vor die Presse. Wie der Wiener das Gremium überzeugt hat, der geeignete Mann zu sein? Nun, jedenfalls nicht mit einer klaren Idee. Schöttel habe „kein detailliertes Konzept“, gab er offen zu. Als noch bis heute im Amt weilender Teamchef des U19-Nationalteams habe es dafür an der nötigen Zeit gefehlt. Schöttels folgende Floskeln über die zukünftigen Ziele konnten das im Kopf entstandene Bild nicht mehr schönfärben: „Der österreichische Fußball soll den nächsten Schritt machen.“ Visionär klingt anders. Übrigens: Ein ausländischer Kandidat wurde für die Besetzung des Postens nie ernsthaft in Erwägung gezogen. Er wäre dem ÖFB laut Windtner zu teuer gekommen.

Trotz Fehlstarts hat Schöttel freilich eine faire Chance verdient, seine erste Amtshandlung ist zugleich die gegenwärtig wichtigste. Bis 30. Oktober soll der Nachfolger von Marcel Koller präsentiert werden, Schöttel ist mit der Erstellung einer zehn Namen umfassenden Kandidatenliste beauftragt. Dass der 50-Jährige bekräftigte, erst dann im Ausland zu suchen, wenn sich „der Richtige“ in Österreich nicht finden lässt, ist jedoch fatal.

Das Beispiel Koller hat gezeigt, dass sich Weitblick lohnen kann. Mit der (überraschenden) Bestellung des Schweizers vor sechs Jahren schienen die Zeiten der quälenden Verhaberung im ÖFB endlich vorüber. Nun aber droht ganz offensichtlich ein Rückfall in längst vergangen geglaubte Tage, melden sich Schöttels Ex-Kollegen Michael Konsel und Toni Polster im Boulevard zu Wort und heißen dessen Bestellung zum Sportdirektor gut. Womöglich werden rund um das ÖFB-Team ja in Bälde ein paar neue Jobs vergeben. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Und natürlich wird Andreas Herzog allerorts ins Spiel gebracht, wenn es um den nächsten Teamchef geht. Schöttel und Herzog verbindet viel, konkret 14 gemeinsame Jahre im Nationalteam und sechs bei Rapid. Der Name Herzog wird einer jener zehn Namen sein, die auf Schöttels Liste auftauchen werden. Er wird sehr weit oben stehen, womöglich sogar ganz oben. Allerdings, was würde Herzog dazu berechtigen, das höchste Traineramt im österreichischen Fußball zu bekleiden? Natürlich ist es nicht ausgeschlossen, dass der ÖFB-Rekordinternationale ein fähiger Teamchef sein könnte. Einzig den Beweis, ein für höchste Aufgaben berufener Trainer zu sein, ist er bislang schuldig geblieben.

Herzog, 49, mag als Co-Trainer von Jürgen Klinsmann in den USA einiges gelernt haben, selbst hat er aber noch nie eine Erwachsenenauswahl betreut. Sollte die Wahl dennoch auf ihn fallen, so wird der Aufschrei groß sein. Vor allem dann, wenn das Experiment scheitert.

E-Mails an:christoph.gastinger@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.10.2017)

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