Leitartikel

Die Verantwortung der Freiheitlichen

Ob Kickls Wortwahl oder der Republika-Srpska-Orden für Gudenus: Die FPÖ ist international im Brennglas. Von ihr hängt nun Österreichs Ansehen ab. Das haben manche noch nicht begriffen.

Die FPÖ steht international unter Beobachtung. Das sollte ihren Funktionären spätestens seit dieser Woche klar sein. Seinen Weltruhm hat sich Herbert Kickl wohl anders vorgestellt. Mit seiner Wortwahl schaffte es der FPÖ-Innenminister in die Schlagzeilen: von deutschen Medien über die BBC bis zur „Washington Post“. Es war den Berichterstattern nicht geheuer, dass ein rechtspopulistisches Regierungsmitglied davon sprach, Flüchtlinge „konzentriert“ an einem Ort zu halten.

Noch während der Pressekonferenz stellte Kickl auf Nachfragen genervt klar, dass er damit keineswegs in provozierender Absicht auf Konzentrationslager angespielt habe. Stunden danach bekräftigte er diese Rechtfertigungslinie in einer Aussendung.

Doch da war es schon zu spät. Die Empörungswelle ließ sich nicht mehr einfangen. Es wird sich fernpsychologisch nie ergründen lassen, was sich Kickl bei seiner Äußerung dachte. Wollte er Codes an Ewiggestrige aussenden? Rutschte ihm heraus, was in ihm steckt? Man wundert sich. Doch all das bleibt letztlich Spekulation. Vielleicht dachte sich Kickl auch gar nichts dabei. Das wäre schlimm genug: Vom großen Philosophen und Reimeschmied der FPÖ wäre in der neuen Rolle mehr sprachliches Feingefühl zu erwarten. Es geht nicht mehr um Wahlkampfgaudi, sondern um den Ruf Österreichs. Vom Verhalten freiheitlicher Politiker hängt nun das Ansehen des Landes ab.

Unguided Gudenus.
Ob sich Vizekanzler Heinz-Christian Strache und seine Gefolgsleute dieser Verantwortung bewusst sind, muss bezweifelt werden. Dass sich Krimfreund Johann Gudenus, Klubobmann einer Regierungspartei, am verfassungswidrigen Nationalfeiertag der Republika Srpska von der separatistischen Führung, die mit Abspaltung von Bosnien-Herzegowina droht und Kriegsverbrechen leugnet, einen Orden umhängen lässt und einen zweiten für Strache mitnimmt, schadet einfach. Das untergräbt Österreichs Politik auf dem Balkan. Wenn sich die Eklats häufen, wird Kanzler Sebastian Kurz nicht mehr lange schweigend darüber hinweggehen können. Denn sonst wird auch er in den Sumpf gezogen.

Anders als bei Schwarz-Blau I reagiert die Welt diesmal verhältnismäßig verhalten. Israel meidet zwar vorerst FPÖ-Regierungsmitglieder. Aber von breiten Sanktionen wie 2000 kann keine Rede sein. Die EU-Kommission lobte das proeuropäische Regierungsprogramm. Und Frankreichs Präsident Macron sagte beim Besuch von Kurz in Paris ausdrücklich, dass er die Regierungsbeteiligung der FPÖ akzeptiere. Er fügte jedoch auch hinzu, dass man bei solchen Parteien wachsam bleiben müsse.

Die Freiheitlichen haben es sich selbst zuzuschreiben, dass man sie mit großer Skepsis betrachtet. Es wird nicht reichen, wie die bezaubernde Jeannie drei Mal zu nicken und die Vergangenheit vergessen zu machen. Und es wird auch nicht helfen, über maßlose Entrüstungsbereitschaft zu klagen, die bei jedem Anschein eines Fehltritts massive Alarmsirenen auslöst. Die FPÖ muss überzeugend zeigen, dass sie regierungsfähig ist und sich an der Macht mäßigt. Sonst wird sie Österreich großen Schaden zufügen.

christian.ultsch@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.01.2018)

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