Leitartikel

Um die Budgetsanierung müssen sich die Chefs selbst kümmern

Mit delegieren („das macht der Finanzminister“) und Küchen-Volkswirtschaft („das weiß jede Hausfrau“) ist das Budget leider nicht nachhaltig sanierbar.

Im Jahr 2019 soll Österreich also ein „echtes Nulldefizit“ erleben, indem der Staat erstmals seit 1962 weniger ausgibt, als er einnimmt. Diese Ankündigung der Regierungsspitzen hören wir gerne. Wird ja wirklich Zeit, dass die so oft versprochene Staatssanierung endlich einmal ernsthaft in Angriff genommen wird.

Mit tosendem Applaus halten wir uns aber noch ein wenig zurück. Entscheidend wird nämlich sein, ob die überfällige Sanierung der Staatsfinanzen auch nachhaltig ist. Das heißt, ob die Ausgabendynamik, die derzeit locker jeden Steuereinnahmenrekord überkompensiert, so weit gebrochen wird, dass sich künftig bei etwas gutem Willen der immer wieder versprochene, aber nie eingehaltene ausgeglichene Haushalt über den gesamten Konjunkturzyklus ausgeht.

Unser Bedarf an bloßen Schmäh-Nulldefiziten ist ja seit 2001 jedenfalls gedeckt. Damals hatte Karl-Heinz Grasser mithilfe von (teils temporären) saftigen Steuer- und Gebührenerhöhungen, Auslagerungen sowie Einmalerlösen aus Unternehmens- und Goldverkäufen unter großem medialem Jubel einen fast ausgeglichenen Haushalt zusammengetrickst – nur um in den Folgejahren dann besonders hohe Defizite einzufahren.

Gehen wir davon aus, dass es diesmal besser und wirklich ernsthaft läuft. Ausgemachte Sache ist das ja noch nicht. Denn mit ein bisschen Herumschneiden am AMS-Budget allein lässt sich kein Budget sanieren. Und eine Förderreform, die damit beginnt, dass die Nachhaltigkeitsministerin ihrer Kernwählerschaft garantiert, dass Einschnitte an den teilweise abenteuerlich fehlallozierten EU-Agrarförderungen jedenfalls aus heimischen Steuertöpfen ausgeglichen werden, sieht leider nach ganz alter Klientelpolitik aus.

Das ist, wie einiges bisher, in Sachen „neu regieren“ eher ernüchternd. Es ist, wie das gestern Wifo-Chef Badelt gesagt hat: Auf die im Wahlkampf versprochenen Steuersenkungen habe man sich festgelegt, „aber bei den Einsparungen liegen die Karten, von wenigen Ausnahmen abgesehen, noch nicht auf dem Tisch“.

Eine echte Bewertung der Budgetpläne sei also, so Badelt, derzeit nicht möglich. Genauso ist es. Die Art der Präsentation gibt aber zu denken: 2019 gibt es ein Nulldefizit – und um die Details hat sich der Finanzminister zu kümmern, hat es geheißen.

Genau so wird es aber nicht gehen. Weder die begnadete Delegierungsstrategie des Bundeskanzlers noch die Küchen-Volkswirtschaft („das weiß jede Hausfrau“) des Vizekanzlers werden uns ein nachhaltig saniertes Budget verschaffen.


Ganz einfach deshalb, weil die ganz großen Treiber der Ausgabendynamik in Wirklichkeit außerhalb der Einflusssphäre eines Finanzministers liegen. Der kann zwar die Vorgabe „die Ministerien haben 2,5 Milliarden einzusparen“ exekutieren und so einmalig im Jahr 2019 ein Nulldefizit erreichen. Aber strukturell ist damit noch nicht wirklich viel gewonnen.

Das große Geldversickern spielt sich in diesem Land in den Parallelstrukturen zwischen den Gebietskörperschaften ab. Sowohl in der Verwaltung wie auch im Gesundheitswesen und im Förderbereich. Hier sind viele Milliarden strukturell, das heißt dauerhaft einzusparen. Eine Wifo-Studie aus dem Vorjahr spricht von zehn bis 20 Prozent möglichem Volumen. Damit ließe sich das Budget wirklich nachhaltig sanieren.

Das heißt aber Staats- und Föderalismusreform. Sehr schwierig, weil man da in den eigentlichen Machtstrukturen der Republik (und auch denen der eigenen Partei) umrühren muss. Das liegt jedenfalls außerhalb der Machbarkeits-Reichweite eines einzelnen Ministers. Hier müssen die Chefs mit ihrem ganzen Gewicht ran.

Vielleicht planen sie das ohnehin. Aber da man es im Bundeskanzleramt für eine intelligente Kommunikationsstrategie hält, Informationen nur bröckchenweise hinauszulassen, wissen wir das nicht. Wir müssen also vorerst davon ausgehen, dass das, was wir jetzt sehen, alles ist. Und das bringt uns zu dem Schluss, dass damit eine nachhaltige, also dauerhafte, Budgetsanierung nicht wirklich funktionieren kann.

E-Mails an: josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.03.2018)

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