Leitartikel

Achtung, jetzt kommt Supertrump!

Kim Jong-un
Kim Jong-unAPA/AFP/KCNA VIA KNS/-
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US-Präsident Trump schenkt Nordkoreas Diktator, Kim, einen Gipfel ohne Vorleistung. Das kann Bewegung in die Daueratomkrise bringen, bei einem Scheitern aber einen fatalen Rückschlag auslösen.

Okay, demnächst verhandelt Donald Trump dem „kleinen Raketenmann“ bei einem Dinner das nordkoreanische Atombombenarsenal ab, danach bringt er dem Rest der Welt mit einem Morgentweet Frieden und gratis Schokoladeeis, und am Ende muss er nur noch ein Mal ausatmen, um den Klimawandel zu stoppen. Es ist alles ganz einfach, wenn der US-Präsident sich darum kümmert. Denn er ist, wie seine Sprecherin im Nordkorea-Briefing erinnert hat, „ganz sicher der ultimative Verhandler und Dealmaker“.

Einer wie Trump fackelt nicht lang. Ohne sich mit seinem Außenminister auch nur eine Sekunde besprochen zu haben, nahm der US-Präsident die Einladung des nordkoreanischen Diktators, Kim Jong-un, an, bis Ende Mai zu einem direkten Dialog zusammenzukommen. Damit stellt Trump das Procedere auf den Kopf. Normalerweise loten Unterhändler in Vorgesprächen aus, wo Kompromisslinien liegen könnten. Gipfeltreffen werden erst fixiert, wenn ein Beschluss greifbar ist. Genies brauchen diesen Vorbereitungsfirlefanz natürlich nicht. Trump fährt mit Vollgas drauflos, bevor er eine Ahnung hat, wohin die Reise geht.

Jahrzehntelang hat sich die Kim-Dynastie bemüht, von den USA auf Augenhöhe anerkannt zu werden. Dem gegenwärtigen Nachwuchsdiktator will Trump diesen symbolischen Erfolg schon im Eröffnungszug gönnen und den Gipfel schenken. Damit gibt der „ultimative Dealmaker“ vor Beginn der Verhandlungen einen Jeton aus der Hand, um Zugeständnisse herauszuholen. Der nordkoreanische Machthaber hat lediglich versprochen, bis zu einer Begegnung mit Trump keine weiteren Atomtests durchzuführen.

Unter der „Denuklearisierung“, über die er mit dem US-Präsidenten reden will, versteht Kim etwas anderes als die Amerikaner. Ihm dürfte vorschweben, die Supermacht zu Abrüstungsschritten aufzufordern, sich ein No abzuholen und dann als Maximalzugeständnis anzubieten, das nordkoreanische Atomprogramm im Gegenzug für eine Aufhebung der Sanktionen und großzügige Finanzhilfe auf dem jetzigen Stand einzufrieren. Es wäre jedoch eine Illusion zu glauben, dass Nordkoreas Herrscher Atombomben und Raketen je aus der Hand gibt. Denn die Massenvernichtungswaffen sind die Lebensversicherung seines Regimes.

Keine Wunder. Trotz aller Unausgegorenheit eröffnet Trumps Diplomatieanfall prinzipiell Möglichkeiten. Die bisherigen Versuche haben die koreanische Halbinsel auch nicht sicherer gemacht. Vielleicht bringt Trumps unkonventionelle Initiative, die auf einer innerkoreanischen Annäherung aufbaut, neue Bewegung. Wunder aber sollte von Trump und Kim keiner erwarten. Momentan ist noch nicht einmal sicher, ob ihr Gipfeltreffen überhaupt zustande kommt. Schon die Militärmanöver, die USA und Südkorea Ende März abhalten wollen, könnten die Dealmaker-Dramaturgie über den Haufen werfen. Fataler wären die Folgen, wenn ein schlecht vorbereiteter Gipfel grandios scheiterte. Dann wäre die Dialogoption für längere Zeit verbaut, und das Tor für eine militärische Konfrontation stünde weiter offen denn je. Ob Supertrump daran gedacht hat?

christian.ultsch@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.03.2018)

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