Sparen ist ein sehr guter Anfang, aber es muss zielgenauer werden

Drei Milliarden Euro: So viel Einsparungen will Finanzminister Hartwig Löger seinen Ministerien verordnen.
Drei Milliarden Euro: So viel Einsparungen will Finanzminister Hartwig Löger seinen Ministerien verordnen.(c) APA/ROLAND SCHLAGER
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Eine neue Harvard-Studie gibt dem Finanzminister recht: Budgetsanierung geht nur über Ausgabenkürzung. Die Staatsstrukturen behindern das aber.

Drei Milliarden Euro: So viel Einsparungen will Finanzminister Hartwig Löger seinen Ministerien verordnen, um im nächsten Jahr in die Nähe eines ausgeglichenen Staatshaushalts zu kommen. Das Geschrei darüber ist allenthalben schon groß. Aber es ist prinzipiell eine gute Nachricht. Denn dass Österreich ein Ausgabenproblem hat, wissen wir seit Langem. Und Ausgabenprobleme lassen sich nun einmal nicht lösen, indem man Einnahmen (etwa Steuern) erhöht. Es ist wie bei einem löchrigen Fass: Was immer man oben hineinschüttet – es rinnt unten wieder heraus.

Aber sind Einsparungen nicht eine Gefahr für die Konjunktur, wie uns unsere Halbkeynesianer (also die, die die Rückzahlung der in schlechten Zeiten gemachten Schulden bei Rückkehr der Hochkonjunktur gern vergessen) immer wieder einreden wollen?

Da kommt dem heimischen Finanzminister argumentativ gerade zur rechten Zeit ausgerechnet der unter Christine Lagarde ein schönes Stück in Richtung keynesianischen Ecks abgedriftete Internationale Währungsfonds (IWF) zu Hilfe. In der März-Ausgabe der vierteljährlichen IWF-Publikation „Finance&Development“ findet sich die Kurzfassung einer umfassende Studie des renommierten Harvard-Ökonomen Alberto Alesina (die übrigens unter dem Titel „Austerity: When It Works And When It Does Not“ demnächst in Buchform bei Princeton University Press erscheinen wird).

Deren Kernaussage, die unsere Steuerfinder wenig freuen wird: Eine Budgetsanierung über Ausgabenreduktion bringt wesentlich stärkere Wirtschaftsimpulse als eine solche über Steuererhöhungen. Und am allerbesten funktioniert das, wenn die Ausgabenkürzungen in einer Aufschwungphase stattfinden. Also, kurz gesagt, jetzt.

Alesina hat gemeinsam mit seinen Mitforschern Spar- und Steuerhöhungsprogramme in den USA, Japan und Westeuropa seit 1980 analysiert. Und ist auf Basis des Datenmaterials zu einem ziemlich eindeutigen Schluss gekommen: Wird ein Budget über Ausgabenkürzung saniert, dann führen Kürzungen im Ausmaß von einem Prozent des BIPs zu Wachstumseinbußen von 0,5 Prozentpunkten über die ersten zwei Jahre. Danach wächst die Wirtschaft überdurchschnittlich. Wird im Aufschwung gekürzt, dann gibt es überhaupt keinen negativen Effekt. Passiert das Ganze über Steuererhöhungen, beträgt die Wachstumseinbuße im Schnitt zwei Prozentpunkte, also viermal so viel – und bis zum Aufschwung dauert es viel länger.

Beispiele dafür gibt es viele. Unter anderem führt Alesina Schweden in den Neunzigerjahren an. Die jüngsten sind Irland und Großbritannien, die stark ausgabenseitig gekürzt haben – und nach einer kurzen Rezession deutlich höhere Wachstumsraten als der EU-Schnitt aufgewiesen haben.


Löger ist so gesehen also auf dem goldrichtigen Weg. Allerdings ist es fraglich, ob Rasenmäherkürzungen über alle Ressorts auch die gewünschte langfristige Nachhaltigkeit bringen. Schließlich hat sich in der Republik bereits identifizierter Speck in beträchtlichem Ausmaß angesammelt, den man überhaupt ohne große Folgen für Wirtschaft und Bevölkerung wegschneiden könnte.

Beispielsweise im Förderwesen, in dem (je nach Definition, nicht einmal sie ist klar) bis zu 30 Mrd. Euro ohne echte Wirkungsüberprüfung versickern. Und da tut sich eher Deprimierendes. Neulich ist die Rechnungshof-Präsidentin im Rechnungshofausschuss des Parlaments aufgetreten. Und hat dort festgestellt, dass die für die Förderungsreform notwendige Transparenzdatenbank „keines der Ziele wie Leistungssteuerung oder Missbrauchsbekämpfung erreicht hat“. Einfach deshalb, weil Daten fehlen: Außer Oberösterreich und dem Bund speist sieben Jahre nach der Gründung noch immer niemand vollständig ein.

Die generelle Ausgabenkürzung ist also ein guter Anfang. Aber nicht mehr. Um den Staatshaushalt wirklich nachhaltig zu sanieren, werden eindeutig Anstrengungen nötig sein, die über die Kompetenz des Finanzministers hinausgehen. Etwa eine echte Staatsreform.

E-Mails an:josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.03.2018)

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