Leitartikel

Mit Autokraten und Diktatoren kann Donald Trump am besten

U.S. President Donald Trump walks with Singapore´s Foreign Minister Vivian Balakrishnan after arriving in Singapore
U.S. President Donald Trump walks with Singapore´s Foreign Minister Vivian Balakrishnan after arriving in Singapore(c) REUTERS (JONATHAN ERNST)
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Der Gipfel mit Nordkoreas Diktator Kim wirft ein Schlaglicht auf die disruptive Außenpolitik des US-Präsidenten und offenbart seine Vorliebe für Despoten.

Der historische Gipfel im Nobelhotel Capella auf der ehemaligen Pirateninsel Sentosa in Singapur war so recht nach dem Geschmack des Showman-Politikers Donald Trump. Der ersten Begegnung eines US-Präsidenten mit einem Diktator namens Kim, zweier Erzrivalen seit der Staatsgründung Nordkoreas vor 70 Jahren, waren maximale Aufmerksamkeit garantiert: Alle Welt blickte auf Singapur und das Treffen der beiden unberechenbarsten und unorthodoxesten Staatschefs, die im Laufe des Jahres zu Brieffreunden geworden sind, bedacht um einen besonders pfleglichen Umgang. Ja, Trump behandelte den Despoten der dritten Generation der Kim-Dynastie im Vorfeld besser als Kanadas Premier, Justin Trudeau, und die westlichen Alliierten im Kreis der G7, denen er brüsk den Rücken kehrte.

Noch im Vorjahr hatte der US-Präsident seinen damaligen Außenminister, Rex Tillerson, getadelt: Die Nordkorea-Diplomatie sei reine Zeitverschwendung. Vergeben und vergessen waren auch Trumps „Feuer und Zorn“-Tiraden gegen den „kleinen Raketenmann“ und Kim Jong-uns Racheschwüre gegen den „senilen Greis“. Nun konnte Trump gar nicht schnell genug nach Singapur reisen: Das Spitzentreffen im südostasiatischen Stadtstaat lockte ihn mehr als die komplexen Verhandlungen und die heiklen Streitpunkte im kanadischen La Malbaie. Der G7-Gipfel endete im Eklat.

Aus Sicht Trumps gab es in Singapur viel zu gewinnen. Beflügelt und geschmeichelt von der Perspektive eines möglichen Friedensnobelpreises ging er in seiner irrlichternden Nordkorea-Politik allerdings ein hohes Risiko ein, das kein Vorgänger im Weißen Haus gewagt hätte – nicht Bill Clinton und nicht Barack Obama, der seinen Nachfolger in einem Vier-Augengespräch im Weißen Haus sogar vor Kim Jong-un als Feind Nummer eins gewarnt hatte. Genau das aber macht den Reiz für Donald Trump aus, den vermeintlichen geborenen „Dealmaker“. Nichts treibt den Business-Zampano mehr an, als Obamas Lebenswerk zu zerstören. In der Innenpolitik waren ihm wegen des Widerstands der Demokraten und moderater Republikaner im Kongress zunächst die Hände gebunden. Der Versuch der Aufhebung von Obamacare, Obamas Gesundheitsreform, mündete im Fiasko.

Am prägnantesten ist der Kurswechsel jedoch in der Außenpolitik. Die gemäßigten Kräfte im Weißen Haus hat der Präsident inzwischen gefeuert und sich stattdessen mit Falken und Jasagern umgeben. Und er macht in seinem zweiten Jahr ernst mit seinen Wahlkampfparolen. Der Ausstieg aus dem Pariser Klimaschutzabkommen markierte den Anfang. Die symbolische Verlegung der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem und die Aufkündigung des Atomabkommens mit dem Iran ließen vor allem Israels Premier Netanjahu und die Hardliner in der Heimat jubeln – sowie die Verbündeten in Saudiarabien, nicht indes die im Westen. Die fühlen sich von Trump immer öfter vor den Kopf gestoßen.

Wie im Fall Nordkoreas verfolgt der US-Präsident eine disruptive Außenpolitik, die mehr seinem Instinkt und Bauchgefühl folgt, weniger einer profunden Kenntnis der Materie, und die womöglich einen großen Flurschaden hinterlässt. Die Frage von Menschenrechten spielen in seinem Kalkül keine Rolle. Trump hatte Freund und Feind überrumpelt, als er beim Besuch einer südkoreanischen Delegation im Weißen Haus im März ein Treffen mit Nordkoreas Diktator ankündigte. Die US-Diplomaten hatten alle Hände voll zu tun, den Gipfel in Singapur in so kurzer Zeit und mit so geringer Vorbereitung durch Vorverhandlungen auf die Beine zu stellen.

Trump fühlte sich auch ohne großes Vorwissen gewappnet. Sein unorthodoxer Stil könnte just im Umgang mit Kim anfangs erfolgreich sein. Doch selbst Trump weiß, dass dem ersten Gespräch ein langwieriger Verhandlungsprozess folgen wird. Das hat ihm sein Außenminister, Mike Pompeo, klargemacht. Irritierend ist indessen die Affinität des US-Präsidenten zu Autokraten und Diktatoren. Mit Wladimir Putin und Xi Jinping verbindet ihn offenkundig eine gewisse Geistesverwandtschaft. Mit Merkel, Macron, Trudeau & Co. treten derweil die Differenzen immer deutlicher zu Tage.

E-Mails an: thomas.vieregge@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.06.2018)

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