Einfalt ist oft vielfältig

Diversität bereichert. Aber nur, wenn sie nicht verordnet wird.

Was geht es das Unternehmen an, welche Religion ein Mitarbeiter ausübt, oder gar, mit wem er ins Bett geht? Für österreichische Ohren klingt Diversität, wie sie in US-amerikanischen und britischen Unternehmen mittlerweile gang und gäbe ist, fast schon obszön. Und hierzulande unterliegen all diese Fragen dem Datenschutz. Es gibt schließlich eine Privat- und Intimsphäre.

Diese gibt es in den USA übrigens auch. Dass dort trotzdem nur ganz wenige ein Problem haben, ihre sexuelle Orientierung zumindest einem anonymen Fragebogen anzuvertrauen, hat nichts mit Exhibitionismus zu tun, sondern vielmehr mit einer offeneren Gesellschaft. Ist das nicht ein Zeichen von Toleranz?

Denn es geht den US-Unternehmen ja nicht um die diversen Orientierungen ihrer Mitarbeiter. Sie wollen nur darstellen, dass sie die Vielfalt der Gesellschaft repräsentieren und alle Mitarbeiter die gleichen Chancen vorfinden.

Dass Diversität mittlerweile kein Privileg moderner Konzerne ist, zeigt aktuell übrigens die katholische Kirche. Ein Papst aus Lateinamerika – das hätte vor wenigen Jahren genauso niemand für möglich gehalten wie vor ein paar Jahren zuvor einen farbigen US-Präsidenten.

Vielfalt bereichert und macht uns reicher. Trotzdem kann sie nicht verordnet werden. Und genau dort beginnt das Problem, wenn es um Diversität in Unternehmen geht. Wenn Vielfalt aufgesetzt, gar aufgezwungen wird, dann wird aus ihr ganz rasch unsägliche Einfalt.

Und auch die Einfalt macht bekanntlich weder vor Geschlecht, Religionszugehörigkeit noch vor sexueller Orientierung halt.

gerhard.hofer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.03.2013)

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