Eine Kuh ist kein Streicheltier

Es ist ein aufsehenerregendes Urteil, das ein Tiroler Gericht gesprochen hat: Jener Bauer, dessen Kühe 2014 eine deutsche Wanderin totgetrampelt haben, soll hochgerechnet 490.000 Euro an Schadenersatz zahlen.

Die ungewohnt hohe Summe sorgt für viel Kritik. Doch damit wird hierzulande erstmals das Leben eines Menschen halbwegs realistisch bewertet – sofern das mit Geld möglich ist. Denn allein der Verdienstentgang der 45-jährigen Mutter rechtfertigt ein deutliches Überschreiten früherer Schadenersatzbeträge im unteren fünfstelligen Bereich.

Das macht aber den zweiten Teil des Urteils umso heikler. Denn der – strafrechtlich freigesprochene – Landwirt erhielt die Alleinschuld, weil er seine Kühe nicht eingezäunt hatte. Diese Ansicht wird nun zu Recht als problematisch angesehen. Denn eine Alm ist ein landwirtschaftlicher Naturraum, in dem Wanderer Gäste sind. Und dabei müssen sie Regeln beachten. Etwa jene, dass Kühe Hunde als Wölfe und somit als Gefahr ansehen. Das sorgt jedes Jahr für Verletzte und Tote. Denn eine Kuh ist kein lila Streicheltier, sondern ein bis zu 750 Kilogramm schwerer, wehrhafter Koloss.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.02.2019)

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