Wen tangiert das Thema Pressefreiheit?

Vor wenigen Jahren war das noch undenkbar: Europa wurde zum Krisenkontinent für Journalisten.

Heute ist der Tag der Pressefreiheit. Berührt uns nicht direkt, oder? Wir halten uns an die demokratischen Spielregeln. Wie zu erwarten sprach unser Medienminister von der Pressefreiheit als Säule der Demokratie. Dass es in Ländern wie Nordkorea und Turkmenistan diesbezüglich düster aussieht, ist bekannt. In 180 untersuchten Ländern kann es eben nicht überall gleich gut aussehen. Dass Donald Trump kritische Medien wenig schätzt und als Fake-News-Produzenten verhöhnt, hat sich ebenfalls herumgesprochen. Die amerikanische Demokratie wird auch das überleben, doch nicht alle Medien sind stark genug, um dieses Trommelfeuer wirtschaftlich zu überstehen. Nicht jede Zeitung in den USA ist die „New York Times.“

Sonst: Alles wie gehabt? Nicht ganz. Der kürzlich vorgelegte Bericht weist nämlich nach, dass sich die Situation in Europa signifikant verändert hat – zum Schlechteren. Das hängt nicht nur mit der Situation im NATO-Mitgliedsstaat Türkei zusammen, dort wurden die Journalisten der regierungskritischen Zeitung „Cumhuriyet“ zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. „Reporter ohne Grenzen“ sprach von einer beispiellosen Verfolgung. Abgerutscht im Ranking sind auch die EU-Mitglieder Slowakei und Malta, Länder in denen kritische Journalisten ermordet wurden. Auch in Ungarn und Polen hat die Lage für regierungskritische Medien schon viel besser ausgesehen. Unversehens ist Europa ein Krisenkontinent für freien Journalismus geworden. Es genügen Wahlen, durch die eine autoritäre Regierung mit knapper Mehrheit an die Macht kommt, und schon sieht alles, was für unverrückbar gegolten hat, reichlich brüchig aus.

Wird sich auch nach dem 3. Mai jemand dafür interessieren? Wenn die EU-Kommission da tatenlos zusieht, wie mit Brachialgewalt gegen Meinungsfreiheit vorgegangen wird, sei das eine Schande, heißt es in dem Bericht. Doch was soll sie machen? Schließlich brauchen wir die Türkei wegen der Flüchtlinge und mit Ländern in der unmittelbaren Nachbarschaft - EU-Mitgliedern gar - will es sich Österreich auch nicht ganz verscherzen. Was ist, wenn die Grenzen durchlässig werden?

Nicht die gewohnten Outcasts sind es also, die Sorgen machen, sondern unser Umfeld. Und dann reden wir „nur“ von machtgierigen Regierungen und noch gar nicht von der Bedrohung der Pressefreiheit durch die innere Schwäche von Teilen der modernen Medienwelt. Zensur muss nicht immer von außen kommen, sie kann auch von innen kommen, durch kommerzielle Schwäche, Marktzwänge und die Konzentration von Medienmacht. Wo ist die Grenze dessen, was ein Medium auf seiner digitalen Plattform zulassen kann, ohne Persönlichkeitsrechte zu gefährden? So verunsichert wie derzeit war die Branche noch nie. Auch in demokratisch lupenreinen Staaten. Mehr als genug Stoff also für den Tag der Freiheit der Presse.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.