Helft Putin doch aus seiner sonderbaren Welt!

Es ist ärgerlich: Wien könnte wegen seiner guten Beziehungen Einfluss auf Moskau ausüben – aber lässt die Chance ungenützt.

Wenn man Wladimir Putin ein wenig kennt, dann weiß man: Der Mann hat ein durchaus eigenartiges Weltbild. An der Kreml-Skepsis mehrerer Europäer sind in erster Linie die USA Schuld, die Europa gegen Russland aufhetzen. Wenn eine internationale Untersuchung zu Ungunsten Moskaus ausfällt, dann ist wieder einmal eine Verschwörung gegen Russland im Gange. Wenn eine Nachbarnation nicht von Moskaus ordnungspolitischen Vorstellungen überzeugt ist, muss sie wirtschaftlich oder militärisch bestraft werden.

Gestern kam dieser Mann nach Wien und was bekommt er zu hören? Kein kritisches Wort – statt dessen übertrifft sich ein Vertreter nach dem anderen mit Lobhudelei und zuckersüßen Nettigkeiten. Fast schlimmer als im Kreml, wo Putin sowieso von vielen Ja-Sagern umgeben ist.

Wer dachte, dass Heinz Fischers Streicheleinheiten und Christoph Leitls Anschmiegen in der Wirtschaftskammer vor vier Jahren nicht mehr zu übertreffen seien, ist sich seit Dienstag nicht mehr sicher. Bundespräsident Alexander Van der Bellen stellte jedes Glaubwürdigkeitsproblem des Kremls in Abrede, es gebe keine Vertrauenskrise mit Russland, alles ganz normal. Ach, worüber zerbrechen sich Politiker und Experten im Westen seit vier Jahren den Kopf?

Und mit Verlaub: Wenn alles eitel Wonne ist, warum strapaziert das offizielle Österreich ständig die Rede vom Dialog und Brückenbauen? Würde Wien es mit seinem Dialogangebot ernst meinen, würde man bei solchen Gelegenheiten den guten Einfluss geltend machen und Putin ins Gewissen reden. Es wäre auch für den Kreml-Chef vorteilhaft. Dass er in seiner abgekapselten Welt lebt, ist nämlich Teil des Problems.

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