Sternenstaub und Schnittlauch am Gründonnerstag!

Symbolbild: Kräuterkiste
Symbolbild: Kräuterkisteimago images / Panthermedia
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50 Jahre nach Woodstock darf man sich wieder nach einem Garten sehnen – auch an dem Tag der Karwoche, der unter Bäumen spielt.

Nein, wir sind nicht besser als die Welt da draußen: Auch am Newsdesk der „Presse“ wurden bereits in der Karwoche bunte Ostereier angeboten und verzehrt, ungeachtet der Mahnungen der Traditionalisten unter uns, die darauf bestehen, dass die Eier erst am Ostersonntag gepeckt gehören. Einer von diesen (Traditionalisten, nicht Eiern) plädiert hiemit dafür, statt sich verfrühten Proteinexzessen hinzugeben, z. B. Joni Mitchells altes Lied zu singen: „We are stardust, billion year old carbon, we are golden, caught in the devil's bargain, and we've got to get ourselves back to the garden . . .“

Das, liebe Hipster und Zwetschgenröster, ist im 50. Jahr nach Woodstock schon wieder unpeinlich. Und passt zum Gründonnerstag, dem Tag der Karwoche, dessen abendliche heilige Handlung in einem Garten spielt, im Original zwar mit Olivenbäumen, aber man kann das Gedenken daran interkulturell unter Kastanienbäume transponieren, aus Milliarden Jahre altem Kohlenstoff sind sie auch. Sternenstaub, teilweise umgewandelt und gebunden in Chlorophyll, mit Magnesium in der Mitte der vier Ringe, nicht Eisen, sonst wäre womöglich alles blutrot im Garten.

So aber sitzt man im Grünen, am besten an einem betreuten Ort, den man in Deutschland schroff Außengastro nennt; in Wien spricht man poetischer von einem Garten, den ein Mann herausgetragen hat, der heißt wie der Jünger, den Jesus liebte.

Dort, im Schanigarten, wird einem dann ein Kluger erklären, dass Gründonnerstag nicht von der Farbe Grün komme, sondern vom Greinen der Büßer. Man widerspreche sanft – etwa, weil der alte Bob Dylan gerade wieder einmal in town war, mit dessen Worten: „Now ain't the time for your tears!“ – und bestelle Salat, Sellerie, Sojasprossen, Spinat oder, wenn man zufällig gerade in einer Außengastro in Frankfurt oder Umgebung ist, grüne Sauce aus sieben Kräutern: Borretsch, Kerbel, Kresse, Petersilie, Pimpinelle, Sauerampfer und Schnittlauch. In Sauerrahm, um nicht Schmand zu sagen.

Ohne Schinken jedenfalls, und jetzt einmal ohne Eier. Kultur, das heißt auch warten können.

E-Mails an: thomas.kramar@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.04.2019)

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