Pizzicato

In der Milchbar

Ziemlich unbehaust fühle man sich derzeit, gibt ein Parlamentarier zu Protokoll – eine zufällige Begegnung auf dem Heldenplatz.

Das alte Haus am Ring wird ja totalsaniert, auch die berühmte Cafeteria, Begegnungsort aller Fraktionen des Morgens, zu Mittag, zu mitternächtlicher Stunde. Die Milchbar, sie geht ab. Sie hatte Atmosphäre, oft gab's zu wenig Platz. Journalisten, Beamte, Lobbyisten, Wichtigtuer, Schmeichler, Taschlträger, Minister und Mandatare – ein fruchtbares Biotop für Intrigen, Gerüchte, Spekulationen.

Mit dem Umbau der Milchbar werden auch die G'schichterln verschwinden, die eine Politgeneration der nächsten weitergegeben hat. Etwa diese: Berichterstatter und Politiker saßen gerade traulich beisammen, Vizekanzler und Sozialminister Rudolf Häuser fand keinen Platz. Einer bot Häuser an, am gemischten Tisch Platz zu nehmen, man konnte ja noch ein Stück zusammenrücken. Häuser lehnte schroff ab, und der Abgeordnete frotzelte: „Du meidest wohl die Presse?“ Häuser: „Ich meide sie nicht, aber ich suche sie auch nicht.“ Ein andermal platzte Sozialminister Alfred Dallinger herein und störte Bundeskanzler Bruno Kreisky beim Essen: „Du, Bruno, die Journalisten da draußen wollen wissen, wie viel i' verdien.“ Der alte Kreisky brummte: „No und? Hast es ihnen g'sagt, oder hast es ihnen erklärt?“ (hws)

Reaktionen an:hans-werner.scheidl@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.05.2018)

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