Am Herd

Über Ärgernisse

An der Supermarktkassa.
An der Supermarktkassa.(c) imago stock&people
  • Drucken

„Zweite Kassa“, ruft der Mann vor mir im Supermarkt. „Zweite Kassa!“, rufen alle. Alle, das sind ein Dutzend Kunden, die ihre Einkäufe nach Hause tragen möchten. Über Ärgernisse.

„Sprengen wir die Wiener Linien in die Luft!“ Sagt die Kollegin. Sie ist sonst nicht dafür bekannt, besonders explosiv zu sein, aber bei den öffentlichen Verkehrsmitteln sieht sie rot. Kenne ich. Kennen wir alle. Einmal funktioniert die Rolltreppe nicht, dann streikt der Lift, beim dritten Mal fährt einem die Straßenbahn davon, obwohl der Fahrer doch gesehen haben muss, dass man herangerast ist wie ein Pfitschipfeil. Und wenn endlich die nächste Bim kommt, geschlagene zehn Minuten später, sitzt einem ein Mann gegenüber, der gerade einen Hotdog isst. Würg! Bei diesen Temperaturen! Ist doch ekelhaft.

„Zweite Kassa“ ruft der Mann vor mir im Supermarkt. „Zweite Kassa!“, rufen wir alle. Alle, das sind ein Dutzend Kunden, die ihre Wochenendeinkäufe nach Hause tragen möchten, davor aber verflixt noch einmal zahlen müssen, was einem viel zu schwer gemacht wird. Drei Minuten warten wir schon! Oder vier. Oder fünf. Zum Glück haben wir ein Handy zur Zerstreuung und eine Stimme, um uns aufzuregen: „Zweite Kassa!“


Der Wetterbericht. „Diese blöde Müllabfuhr“, erzählt meine Freundin, „hat mich heut schon wieder in Allerherrgottsfrüh geweckt. Kann die nicht später fahren?“

„Diese blöde Müllabfuhr“, sagt meine andere Freundin: „Verstopft zur Rushhour die engen Gassen, eine Viertelstunde bin ich heute hinter einer hergezuckelt. Können die nicht früher anfangen?

Und auch ich habe etwas zu erzählen, der Postler nämlich, der hat schon wieder den gelben Zettel einfach in den Briefkasten gesteckt, statt das Paket in den dritten Stock zu bringen, wie es sich gehört. Und dabei war ich den ganzen Tag zuhause! Den ganzen verdammten Tag!

Nun alle im Chor: Und – im – Zug – funktioniert – das – WLAN – nicht!

Und als wäre das nicht genug, gibt es Nachbarn, die ihre Schuhe vor ihre Wohnungstür stellen, Wetterprognosen, die Regen ansagen, und dann steht man blöd da mit seinem Schirm, Autofahrer, die ewig zum Einparken brauchen, sich vorschlängelnde Radfahrer, Fußgänger, Skateboarder, Rollerfahrer, vor allem die mit Motor. Es gibt Baustellen! Baustellen im Sommer und nicht geräumte Straßen im Winter, fünf Zentimeter Schnee, und ganz Wien steht still. Touristen mit ihren Rollkoffern, Verkäufer, die erst den Leberkäse in die Semmel tun und dann erst das Gurkerl, und währenddessen wird der Leberkäse kalt, im Flugzeug brüllende Babys, im Restaurant quengelnde Kleinkinder, Jugendliche, an der Kassa Münzen klaubende Pensionisten, Menschen, überhaupt gibt es Menschen.

Und Schluss.

bettina.eibel-steiner@diepresse.com

www.diepresse.com/amherd

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.05.2018)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.