Der 100.Weltfrauentag, Gender und die Biologie

Frauen sind eher bindungs- und pflegeorientiert, Männer hingegen leiden unter einem Übermaß des Kriegerhormons Testosteron.

Gerade am heutigen 100. Weltfrauentag ist es angebracht, darauf hinzuweisen, dass sich die Geschlechter auch biologisch unterscheiden und dies gesellschaftliche Folgen hat. Nicht, um Rollenverteilungen zu betonieren. Denn allen prosperierenden, kreativen und kohäsiven Gesellschaften ist gemeinsam, dass die Schere zwischen Arm und Reich nicht zu weit klafft, aber auch die gleichwertige Kooperation der Geschlechter in Geistes- und Wirtschaftsleben.

Unlängst erst stellte ich die tief verankerten evolutionären Grundzüge männlicher Reproduktion als ein Element gesellschaftlicher Grundstrukturierung vor. Auch Frauen verhalten sich auf Basis des evolutionären Erbes im Wesentlichen so, als ginge es immer noch um die Optimierung des Fortpflanzungserfolgs.

Im Gegensatz zu den Männern ist bei den Frauen aber die Nachkommenzahl durch die Effizienz im Großziehen von Kindern limitiert. Der unterstützende Beitrag der Männer ist dabei förderlich, weswegen sich beim Menschen Monogamie zumindest als soziale Möglichkeit entwickelt hat. Diese tritt bei Säugetieren aber im Gegensatz zu den Vögeln selten auf, weil es wegen der starken Asymmetrie der Investitionsmöglichkeiten der Geschlechter in Nachkommen – Mütter tragen die Föten nicht nur aus, sie versorgen sie nach der Geburt auch noch mit Milch – für die männliche Seite meist lohnender ist, in Zeugen denn in Pflegen zu investieren.

Plakativ vereinfacht sind Männer vorwiegend sexuell, Frauen dagegen vor allem sozial orientiert. Prompt entwickelten sich beim Menschen mit Sesshaftwerden und Vorratshaltung patriarchale Systeme, deren Essenz in der Kontrolle weiblicher Reproduktion liegt. Auch Frauen gehen fremd, sie tun dies aber evolutionär betrachtet nicht wie die Männer, um mehr Nachkommen zu produzieren, sondern eher im Interesse einer genetisch diversen Nachkommenschaft; immerhin sind weltweit etwa fünf Prozent der aus stabilen Partnerschaften stammenden Kinder „fremdgezeugt“.

Durch äonenlange Selektion haben sich bei den Geschlechtern die zu ihren reproduktiven Strategien passenden bio-psychologischen Neigungen und die zugehörigen Unterschiede in der dahinterliegenden Physiologie ausgebildet. So sind Frauen sozusagen von Geburt aus sozial interessierter und kompetenter und auch von ihrem Stoffwechsel und ihrer Hormonlage eher bindungs- und pflegeorientiert.

Die Männer dagegen leiden unter einem Übermaß des Kriegerhormons Testosteron, das sie konkurrenzorientiert macht, sozial verdummt und ihr Leben um Jahre verkürzt. Natürlich, Gender ist auch gesellschaftlich bedingt, aber zweifellos massiv und zeitlos biologisch fundiert. Das zu ignorieren kann katastrophale Folgen haben, wie die Experimente eines John Money im letzten Jahrhundert zeigten, der versuchte, Knaben durch Erziehung zu Mädchen zu machen. Die biologischen und psychologischen Unterschiede zwischen den Geschlechtern sind nicht zu bejammern; sie bringen viel positives und kreatives Potenzial für unsere Gesellschaft.

Sogar große Konzerne schnallen es langsam, dass gemischtgeschlechtliche Führungsteams und Arbeitsgruppen die besten Ergebnisse bringen. Es ist zu hoffen, dass sich dieser Erkenntnisgewinn Jahrzehnte nach Johanna Dohnal auch auf die Politik ausbreitet.

Kurt Kotrschal ist Zoologe an der Uni Wien und Leiter der Konrad-Lorenz-Forschungsstelle in Grünau.


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("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.03.2011)

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