Aus für das 10-Gang-DSG von VW

Je mehr Gänge, desto besser?

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Modelle mit zehn Gängen sind bereits auf der Straße. Doch Volkswagen stieg aus dem Rennen um die Zehn-Gang-Automatik überraschend aus. Führen zu viele Gänge in die Sackgasse?

Möglichst viele Gänge, um die Spreizung gering zu halten und den Motor möglichst lange im optimalen Drehzahlfenster laufen zu lassen, das ist seit Jahrzehnten die technische Stoßrichtung im Automobilbau.

Kontinuierlich wuchs bei den Pkws die Zahl der Zahnräder im Getriebe, gleich ob per Hand gewechselt oder automatisch.

(c) ZF

Was die manuellen Getriebe angeht, so war ein fünfter Gang in den 1980ern noch Luxus und kostete, so überhaupt verfügbar, oft Aufpreis. Heute sind fünf bis sechs Gänge Standard, Porsche bietet im Porsche 911 gar einen siebten Gang.

Ebenso nahmen die Schaltstufen bei Automatikgetrieben kontinuierlich zu. Frühe Wandlerautomaten hatten nicht mehr als zwei zu bieten, bis in die 1980er waren vier Schaltstufen üblich. 

Das hat sich inzwischen mehr als verdoppelt. 

Kaum gehörten sechs Stufen bei feineren Autos zum guten Ton, brachte Mercedes die 7-G-Tronic. BMW konterte zusammen mit Getriebespezialist ZF und etablierte die Achtgang-Automatik. Und wer heute einen Land Rover Discovery ordert, darf schon über neun Vorwärtsfahrstufen verfügen, oder besser: verfügen lassen. 

Aber es geht noch weiter. Ford hat in den USA zusammen mit GM eine Zehngangautomatik entwickelt, die bereits bei mehreren Modellreihen zur Anwendung kommt, etwa beim Sportwagen Camaro und bei Varianten des Light Truck-Bestsellers F-150.  

Doch möglicherweise wird es bei dieser schönen runden Zahl bleiben. Kritiker halten den Entwicklungsaufwand für die Dutzend-Gang-Getriebe für Geldverschwendung - der effektive Nutzen, sprich: die erzielbare Treibstoffersparnis, sei zu gering. Geht es womöglich nur noch ums Prestige? 

Einen Wink in diese Richtung bedeutet wohl der Ausstieg von Volkswagen im Rennen um möglichst viele Gänge. Volkswagen hatte unlängst in Wien am Rande des Internationalen Motorensymposiums erklärt, die Entwicklung am bereits weit gediehenen 10-Gang-DSG einzustellen. "Ich hab den Prototypen vor zwei Monaten einstampfen lassen", erklärte VWs Aggregate-Chef Friedrich Eichler.

Volkswagen war in Getriebesachen immer einen eigenen Weg gegangen. Im Jahr 2003 wurde das erste 6-Gang-DSG eingeführt, auserwählt für die Premiere waren Golf R32 und Audi TT.

Hinter dem Begriff DSG (Direktschaltgetriebe) steckt kein klassischer Wandlerautomat, sondern ein Doppelkupplungsgetriebe, das gerade und ungerade Gänge auf zwei verschiedenen Strängen mit jeweils einer Kupplungen je nach Bedarf aus- und einkuppelt.

Vorteil: extrem schnelle Schaltzeiten mit kaum spürbarer Zugkraftunterbrechung. Nachteil: ursprünglich hohe Kosten in der Fertigung (legt sich mit dem Fertigungsvolumen), relativ hohes Gewicht - sowie manche Fragezeichen bei der Lebensdauer. 

Seit 2008 ist das 7-Gang-DSG auf dem Markt. Innerhalb des VW-Konzerns erfreuen sich die Doppelkupplungsgetriebe bei allen Marken großer Beliebtheit. Und 2013 kündigte VW-Chef Martin Winterkorn in Wien schließlich das 10-Gang-DSG an.

Das verschwindet nun, "bis auf Weiteres", wie es heißt, in der Schublade.  

Indirekt ließ Aggregate-Chef Eichler Kritik am mittlerweile zurückgetretenen VW-Chef anklingen. 

Das 10-Gang-Getriebe wäre für den alten Ansatz bei VW gestanden "mehr oder größer ist immer besser". Doch offenbar setzte sich die Erkenntnis durch, dass der Nutzen in Anbetracht des Entwicklungsaufwandes schlicht zu gering wäre. Das 10-Gang-DSG hätte auch hauptsächlich in Hochleistungsmodellen mit hohen Drehmomentwerten seine Anwendung gefunden. Nicht ganz die Richtung, die VW derzeit einschlägt.

Auch bei Ford und GM werden bislang nur die Machos der Modellpalette mit zehn Gängen ausstaffiert. Mehr Gänge sind aktuell nirgendwo in konkreter Entwicklung. 

Und dabei könnte es wohl auch bleiben.

(tlv)

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