Hochassistiertes Fahren: ÖAMTC rät von Selbsttests "dringend" ab

Software engineer Steven Han demonstrates a self-driving car at the Renesas Electronics autonomous vehicle test track in Stratford
Software engineer Steven Han demonstrates a self-driving car at the Renesas Electronics autonomous vehicle test track in StratfordREUTERS
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Eine Verkehrspsychologin des ÖAMTC erklärt den Reiz des "Rufs eines Abenteuers": Online-Videos von Testfahrten würden Nachahmer animieren.

Vor kurzem hat das Video einer Fahrt mit dem Autopilot-Assistenzsystem von Tesla auf der Wiener Höhenstraße im Internet für Aufregung gesorgt. Auch wenn der Fahrer unter dem YouTube-Clip betont, immer seine Hände am Lenkrad zu haben, sieht der ÖAMTC den Trend zu derartigen Fahrten und Videos bedenklich. "Wir raten dringend von solchen Selbsttests ab", sagte Verkehrspsychologin Marion Seidenberger.

"Testfahrten bedürfen eines professionellen Settings", betonte die ÖAMTC-Expertin. In Österreich muss beim Fahren - auch mit hoch entwickelten Assistenzsystemen - immer mindestens eine Hand am Lenkrad sein. Das kann trotzdem Risiken in sich bergen. "Man ist sich seiner Sache sicher - dann weiß man nicht, wann der Moment kommt, eingreifen zu müssen", erklärte Seidenberger. So kann es passieren, "in höchster Eile" reagieren zu müssen, um einen Unfall zu verhindern.

Ansporn führt zu Nachahmung

Die Zukunft der Mobilität wird stark dominiert von neuen Assistenzsystemen, Vernetzung und Automatisierung: Für die einen sei es ein beängstigender Gedanke, dem Auto zunehmend die Kontrolle zu überlassen, so Seidenberger, für andere dagegen ein großer Reiz. "Man möchte bei den Ersten dabei sein und dadurch seinen sozialen Status erhöhen. 'Fast adopters' genießen den Ruf eines Abenteurers", sagte die Psychologin.

Außerdem ist es laut der Expertin für Befürworter des autonomen Fahrens spannend, sich in "Grauzonen" vorzuwagen. So komme es zuletzt häufiger vor, dass vermutlich Privatpersonen eigene Fahrexperimente mit hochassistierten Autos durchführen und die Fahrten filmen. "Werden diese Kurzvideos danach online gestellt und von vielen anderen 'geliked', spornt das zusätzlich an und der Lenker fühlt sich bestätigt. Doch genau damit werden Nachahmer animiert", sagte Seidenberger.

"Offizielle Testfahrten abwarten"

Bis dato gebe es viele gelungene, aber auch einige negativ verlaufene Testfahrten, sagt die ÖAMTC-Verkehrspsychologin und rät zur Geduld: "Es ist definitiv Vorsicht geboten. Man sollte unbedingt noch weitere Untersuchungen und offiziell geprüfte, geeichte Testfahrten abwarten." Damit automatisiertes Fahren in den Alltag Einzug halten kann, bedürfe es noch einiger Voraussetzungen wie zum Beispiel präzise Gesetzesformulierungen und eine entsprechend abgestimmte Verkehrsinfrastruktur.

"Die Abgabe der eigenen Steuerungsleistung an die Maschine wird vermutlich nicht sofort und problemlos geschehen. Dafür ist neben Akzeptanz auch Training und viel Wissen nötig", sagte Seidenberger. Aber auch weniger geübte Lenker oder Seltenfahrer könnten neben Vielfahrern Gefallen an hochassistierten Fahrzeugen finden: "Denn eigene, von anderen beobachtbare Fahrfehler, werden mit der neuen Technologie - sofern sie perfekt funktioniert - dezent korrigiert oder völlig ausgemerzt. Weniger geübten Lenkern könnte zusätzlich der Druck und die Anspannung vor Fahrfehlern genommen werden."

(APA)

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