Was die Welt an Opel hat, kurz zusammengefasst

Weiß hätten wir nicht gewählt, das ist zuviel der Dezenz: Insignia Grand Sport.
Weiß hätten wir nicht gewählt, das ist zuviel der Dezenz: Insignia Grand Sport.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Der Insignia Grand Sport ist eines der wenigen Autos auf dem Markt, das noch keiner technoiden Effekthascherei anheimfällt – ein grundsolider, erwachsener Beitrag, den Opel noch aus GM-Zeiten leistet.

Was immer bei Opel in der Vergangenheit vermurkst wurde, damit man schließlich als Konzernmarke französischen Konkurrenz landen musste – so sehr Name und Emblem im Ansehen gelitten haben, die Autos selbst tragen am wenigsten Schuld. Bei Design und Technik haben sie sich im vergleichbaren Umfeld stets wacker geschlagen, auch wenn kaum die gleichen Ressourcen bemüht werden konnten wie beim ewigen innerdeutschen Rivalen.

Ausgerechnet das Marken-Flaggschiff mag da vielleicht die Ausnahme gewesen sein. Der Insignia litt von Anfang an unter einem ungünstigen Packaging, das beengte Platzverhältnisse in einem an sich großen Auto zur Folge hatte, und unter einem Cockpit, dessen heillose Knöpferlwirtschaft alle Facelifts nicht aufzuräumen vermochten. Insofern ist der zweite, noch komplett unter GM-Regie entwickelte Insignia eine beeindruckende Demonstration dessen, was man bei der Marke von Autobau wirklich versteht. Um es gleich zu sagen: Der kleinere, preislich aber nicht weniger selbstbewusste Peugeot 508 findet in Rüsselsheim seinen Meister. Und zum Vorgänger gibt es mehr Unterschiede, als man sinnvollerweise aufzählen könnte.

Frisch herangetreten, zeigt der Insignia mit fast 4,9 Metern Länge stattliche Abmessungen, die auch einen ansehnlichen Radstand (2829 Millimeter) zur Folge haben. Das Stufenheck hat man gleich eingespart, der Nichtkombi heißt Grand Sport und trägt ein Fließheck mit großer Klappe, die 490 Liter Ladevolumen freigibt (legt man die Rücksitze – etwa per Fernentriegelung – um, sind es 1450 Liter). Das hält dem grausamen Härtetest eines viertägigen Familienurlaubs unbeeindruckt stand.

Das sieht auch flotter aus als das alte Limo-Format, und was man dem Insignia allenfalls vorwerfen kann, ist seine optische Zurückhaltung. Das kommt dieser Tage, da jeder um Aufmerksamkeit buhlt, nicht bei allen so gut an. Die dezenten Lichtspiele der LED-Leuchten beim Entriegeln reichen kaum an das Spektakel des 508 heran. Aber derlei Effekte muss ja nicht jeder mögen oder brauchen.

Wie übrigens der Insignia auch die Frage, ob es zwei Kupplungen oder acht oder neun oder mehr Gänge für ein Automatikgetriebe braucht, klar beantwortet: Nein. Unser Testexemplar war mit einem 1,6-Liter-Turbobenziner und Wandlerautomatik mit sechs Schaltstufen ausgestattet (Dynamik Grand Sport, ab 40.430 Euro), und nie kam das Gefühl auf, untertechnisiert zu sein. Der hohe Antriebskomfort, mit seinen 200 PS auf Wunsch auch sportiv auftretend, harmoniert exzellent mit einem Fahrwerk, das im besten Sinn nostalgische Qualitäten zeitigt – drüberglättend über nicht so schöne Straßenbeläge, unbeeindruckt und präzise, wenn Kurven einmal schneller genommen werden. Zudem wird die Taste für die Auswahl von Fahrmodi mit Sinn erfüllt: Selten werden die Unterschiede durch das adaptive Dämpfersetting so spürbar dargestellt. Sport ist wirklich straff und direkt, Tour die ganz entspannte Variante. Dazwischen Normalbetrieb, unaufgeregt, aber durchaus anregend zu fahren. Auch in Sachen Bedienung braucht es keinen Hokuspokus. Eine kluge Gliederung in Bereiche mit direktem Zugriff und solchem per Touchscreen ist alles, was es braucht. Wer etwas in der Größe sucht und leben kann ohne die Beschäftigungstherapie, 64 Farben für den Innenraum auszusuchen, sollte den Insignia näher inspizieren. (tiv)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.02.2019)

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