Teheran: Keine kurzen Hosen!

(c) Benedek Nagy
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Wir besuchen Cousin Khashayar in Teheran und staunen, wie Verkehr auch funktioniert.

Iraner wissen oft erstaunlich gut Bescheid über die Verhältnisse im fernen Europa. Doch nur die wenigsten verfügen über die Sprachkenntnisse. Und es gibt eine Hürde in der nonverbalen Verständigung: Das fast weltweit geltende Daumenhoch für „Ok, alles in Ordnung“ kommt im Iran dem gestreckten Mittelfinger gleich. Den sieht niemand gern. Wenn man aber dazu übergeht, mit Händen und Füßen zu reden, kommt der Zeitpunkt, an dem er unvermeidlich rausrutscht.

Die Einreisebestimmungen sind überraschend einfach. Laut Botschaft sollte man über eine Hotelreservierung oder einen Kontakt im Land verfügen, den man bei der Einreise bekannt gibt. Wir hatten Zweiteres vorzuweisen und wurden nach 20 Minuten durch den Zoll gelassen. Fotos, Fingerabdrücke? Nope. Wir schreiben übrigens das Jahr 1390. Die auf über 1000 Meter Seehöhe liegende Hauptstadt mit ihren mehr als acht Mio. Einwohnern ist von Gebirgszügen umgeben. Dem resultierenden Smog wird neuerdings mit einfachen Methoden Einhalt geboten: Entsprechend der Zahlenendung im Kennzeichen darf man nur an ungeraden oder geraden Tagen fahren. Ausgenommen sind Taxis, weshalb sich manch schlauer Teheraner ein solches als privates Verkehrsmittel zulegt. Zudem kann man sich was dazuverdienen. Mancherorts gruppieren sich Menschen, die in vorbeifahrende Autos hineinschreien, wohin sie wollen, bzw. hören, welches Ziel der Fahrer rausbrüllt. Diese „Richtungstaxis“ sind billiger als die Fahrt mit „geschlossener Tür“, bei der niemand mehr zusteigt, bis die Fahrt punktgenau am Ziel endet. Die Stadt ist riesig, Stau an keine Uhrzeiten gebunden. Vorankommen hält man zunächst für unmöglich: die schiere Menge der Verkehrsteilnehmer, Kreuzungen, die ineinander fließen, keine klaren Vorfahrtsregeln, doch zum Stillstand kommt es nie.

Man muss sich nur trauen oder es gewohnt sein, zögern darf man nicht. Die Aufrechterhaltung des Verkehrsflusses hat höchste Priorität. Als Fußgänger ist man in der Lage, eine mehrspurige Straße gefahrlos zu queren: Solange du dich ständig bewegst, stellen sich die Fahrzeuglenker darauf ein und fahren vor oder hinter dir vorbei. Stehen bleiben sollte man nicht, das kann Verwirrung auslösen und einen Unfall verursachen. Abstände werden knapp gehalten, nicht selten muss man während der Fahrt den Ellbogen einziehen. Sollte es zu einer Fahrzeugberührung und kleineren Schäden kommen, wird nicht angehalten, um nichts Gröberes zu verursachen. Geschimpft wird nie, zumindest erlebten wir es nicht. Iraner lieben ihre Autos.

Auch wenn die nicht immer danach aussehen: Man hat eine Beziehung zu ihnen, wie man es in unserer Wegwerfgesellschaft kaum mehr erleben kann. Motorräder dürfen nicht mehr als 250 Kubikzentimeter Hubraum haben, damit sie der Polizei nicht davonfahren können. In den Öffis gilt Geschlechtertrennung. Männer steigen vorn ein, Frauen hinten. Kurze Hosen tragen nur Kinder. Das ist keinem Erwachsenen gestattet, und man ist nicht gewillt, für Touristen Ausnahmen zu machen. Mit der Sittenpolizei ist nicht zu spaßen!

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