Paketlogistik: Am Weg zur digitalen Zustelladresse

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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In Zukunft könnten clevere Systeme der Paketlogistiker automatisch den optimalen Zustellzeitpunkt errechnen. Der Datenschutz spricht allerdings (noch) dagegen.

Die Digitalisierung der Paketzustellung macht's möglich: Zumindest auf der letzten Meile kann der Empfänger den Lauf seiner Sendung bereits so beeinflussen, dass anstelle des gelben Zettels im Postfach die Lieferung von Amazon & Co. beim Nachbarn, im Paketshop oder an einer anderen Adresse deponiert wird. Solche Apps, mit denen die Um- und Weiterleitung des Paketes über Smartphone, Tablet oder Laptop gesteuert werden kann, sind heute Standard bei allen großen Paketdienstleistern.

Live-Verfolgung

Bei dieser Flexibilisierung die Nase leicht vorne hat derzeit DPD Austria: „Über unser Live Tracking können Pakete bis zur letzten Minute vor Zustellung umgeleitet werden“, sagt DPD-Geschäftsführer Rainer Schwarz. Wer im Stau steht und merkt, er schafft es nicht mehr rechtzeitig vor Eintreffen des Boten nach Hause, kann über die App bestimmen, dass das Packerl beim Nachbarn abgegeben oder vor der Wohnungstür abgestellt wird. Der Fahrer bekommt den Kundenwunsch sofort auf seinen Scanner. „Bei den anderen Umverfügungsmöglichkeiten wie beispielsweise der Änderung der Zustelladresse, des Termins oder bei einer Paketshop-Zustellung, nimmt unser Zusteller das Paket wieder mit zurück. Es kommt dann erneut in das DPD System und wird am nächsten Tag wie ein neues Paket behandelt“, erläutert Schwarz.
An einem solchen Last-Minute-Umdirigieren arbeiten auch die Mitbewerber: „Wir befassen uns laufend mit der Verbesserung unser Post App“, betont etwa David Weichselbaum, Sprecher der Österreichischen Post AG. Der Marktführer hat mit App und einigen weiteren Serviceleistungen eine Erstzustellquote von knapp 93 Prozent erreicht. Aktuell überlegt man unter anderem, den Empfänger künftig kurz vor der Zustellung zu informieren, damit dieser bei Nicht-Anwesenheit mit einer Paketumleitung reagieren kann. Um vergebliche Zustellversuche zu verhindern, will man außerdem die Voraussagen, zu welchem Zeitpunkt der Bote das Paket liefert, präzisieren. Die Post kündigt die Zustellung derzeit mit einem drei-Stunden-Zeitfenster an.

Zeitfenster

Bei GLS wird im Rahmen des FlexDeliveryService ein Zustell-Zeitfenster von zwei Stunden geboten. Beide Paketdienstleister wollen diesen Zeitraum weiter einschränken. Ein Problem dabei: Für die Vorhersagen werden große Mengen an historischen Daten analysiert, die derzeit nur anonymisiert verwendet werden dürfen. „Wir bewegen uns hier in einem Spannungsfeld zwischen Convenience und Datenschutz“, erläutert Axel Spörl, General Manager von GLS Austria die damit verbundenen Schwierigkeiten. Wobei der Datenschutz bereits heute ein Thema ist. Die Paketdienstleister können beispielsweise bei erteilter Berechtigung mit der App auf den Standort des Nutzers zugreifen. Gegen möglichen Missbrauch hat man vorgebeugt: „Die Standortdaten des Nutzers werden ausschließlich für die Laufzeit verarbeitet und zu keinem Zeitpunkt am Smartphone oder auf Servern gespeichert“, betont Weichselbaum.
Damit wird es in Zukunft noch wesentlich heikler werden. Künftig könnte sich das Paket den optimalen Weg zum Kunden quasi selbst suchen. Diskutiert wird über Systeme, die via Paket-App Standortdaten des Empfängers ebenso abfragen wie die Termine seines elektronischen Kalenders. Diese Informationen werden mit dem Lauf des Paketes abgeglichen, woraus das System dann automatisch das optimale Zustellfenster für den aktuellen Standort des Empfängers errechnet.

Paket folgt Empfänger

Noch sind solche Systeme Science Fiction, aber die Anbieter denken über diese Möglichkeiten zumindest laut nach: „Wir müssen uns in der Logistik immer stärker danach richten, wo sich unsere Kunden gerade aufhalten und so den optimalen Weg für das Paket finden“, sagt etwa Weichselbaum. Es werde in Zukunft weniger darum gehen, dass der Kunde sein Paket „findet“, sondern vielmehr das Paket den Kunden: „Die Entwicklungen gehen mit mehr Interaktion genau in diese Richtung und die Möglichkeiten sind vielfältig“, so der Post-Sprecher.
Ob Systeme, bei denen das Paket automatisch den Empfänger sucht, Realität werden, dürfte vor allem davon abhängen, mit welcher Sensibilität in Zukunft der Umgang mit persönlichen Daten gesehen wird. „Momentan ist es aufgrund des Datenschutzes schwer vorhersehbar, wie die Kommunikation und Abstimmung zwischen dem Paketdienstleister und dem Empfänger weiter verbessert werden kann“, sagt GLS-Manager Axel Spörl. Als Dienstleister sei man aber grundsätzlich offen, wenn die rechtlichen Bestimmungen eingehalten werden und der Kunde seine Zustimmung zu solchen Diensten erteilt.

Auf einen Blick

Mittels Zugriff auf Standortdaten und elektronischen Kalender könnten Paketdienstleister künftig Standort und Anwesenheit eines Empfängers automatisch eruieren und das Paket entsprechend umleiten. Solche Umleitungen beziehungsweise Anwesenheitsnachrichten via App oder Internet gibt es zwar heute schon, allerdings muss der Empfänger dafür selbst aktiv werden. Der digitalen Adresse stehen derzeit aber noch die europäischen Datenschutzbestimmungen im Wege.

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