Graz: Brückenschlag über die Mur

Die linke Murseite galt in der steirischen Hauptstadt lange als bevorzugt. Penthouses und Villen finden sich im Luxussegment – auch am rechten Flussufer.

Knackige 1,7 Millionen Euro kostet das 137 Quadratmeter große Penthouse des Prestigeprojekts „The Elephant“ auf dem Grazer Südtirolerplatz in unmittelbarer Nähe des Kunsthauses. Dem ehemaligen ÖGB-Haus, an dessen Stelle früher einmal das Grandhotel Elefant stand, hat Architekt Günther Domenig gemeinsam mit Gerhard Wallner einen luxuriösen Schliff verpasst. Der Preis stellt für Grazer Verhältnisse eine absolute Ausnahme dar, noch dazu auf der rechten Murseite.

Die teuersten Wohnungen der Stadt sind nach wie vor zu haben. „Ja, die Preise sind relativ hoch, es ist auf jeden Fall schwierig, die Klientel ist noch nicht so weit“, sagt Gabriele Figl-Koschier von Örag Immobilien.

Weitere Penthouse-Wohnungen in der Größenordnung ab 960.000 Euro sind über den Dächern der Stadt ebenfalls noch frei. Selbst wenn Bezirke wie Lend längst für die Kreativszene trendy geworden sind und es auch weiter draußen, im Stadtteil um das Schloss Eggenberg sowie auf dem Gedersberg an der südwestlichen Stadtgrenze, durchaus attraktive Lagen gibt – traditionell ist der Wohnluxus noch immer auf der linken Murseite zu Hause.

Spitzenpreise für den Blick auf die Stadt

Die Innere Stadt, Geidorf, Leonhard, Waltendorf, St. Peter und seit jüngerer Zeit auch Mikrolagen in Andritz sind begehrte Wohnbezirke. Eine halbe Million Euro für eine 125 Quadratmeter große Wohnung – mit 4000 Euro pro Quadratmeter aufwärts muss man in Graz für einen Neubau in guter Lage durchschnittlich rechnen. Hannes Purkarthofer vom Immobilienbüro Purkarthofer-Kienzl spricht von einem finanziellen Rahmen zwischen 3800 und 5800 Euro pro Quadratmeter im Topsegment, „Spitzenpreise werden in St. Peter und Waltendorf erzielt, wo ein Stadtblick möglich ist“. Nemetz glaubt jedoch nicht daran, dass Preise jenseits der 5000, 6000 Euro in absehbarer Zeit zum Standard für Luxusobjekte in der Murmetropole werden.

Wunschobjekte sind nicht nur Villen am Ruckerl- und Rosenberg sowie Wohnungen im Herz-Jesu-Viertel mit seinen Gründerzeithäusern. Aktuell ist laut Edith Strohmaier von Strohmaier Immobilien am Ruckerlberg ein 140-Quadratmeter-Haus um 595.000 Euro zu haben, in Waltendorf wird eine moderne Villa mit rund 300 Quadratmeter Wohnnutzfläche und einem 1890 Quadratmeter großen Grundstück für 1,69 Millionen Euro angeboten. Laut der Expertin wird aber auch verstärkt die Geidorfer Grünzone an der Mur nachgefragt. Hier wurden und werden mehrere Projekte realisiert.

„In den bevorzugten Wohnbezirken in Graz-Ost sind die Kaufpreise leicht steigend, in den westlichen Bezirken von Graz sind sie stabil bis sinkend“, urteilt Purkarthofer. Der Bogen der Grundstückspreise für Wohnobjekte in den begehrten Lagen spannt sich von 260 bis 650 Euro, in den westlichen Bezirken liegen die Grundstückspreise zwischen 180 und 220 Euro, so Purkarthofer. Im Vergleich zu den übrigen Bundesländern „sind die Grazer Preise im Mittelfeld“.

Rares Luxusangebot

Ganz allgemein lautet die Devise: bloß nicht zaudern. „Kaum sind Neubauprojekte auf dem Markt, sind die Wohnungen schon verkauft, wenn Preis und Qualität stimmen. Das Angebot ist knapp. Zudem sind top-qualitative Bestandswohnungen in einem vernünftigen preislichen Rahmen schwer zu finden. Die Vorstellungen der Verkäufer sind in vielen Fällen überzogen“, analysiert Gerd Nemetz von Dr. Max Huber Immobilien. Häuser in guten Lagen werden derzeit nur zögerlich auf den Markt gebracht – in Ermangelung alternativer sicherer Veranlagungsmöglichkeiten und im Hinblick auf deutliche Transaktionskosten. Nicht viel anders verhält es sich mit Grundstücken. „Zurzeit ist das Angebot an Luxusimmobilien sehr rar und es gibt auch fast keine diesbezüglichen Anfragen“, so Purkarthofer, der als Grund die „wirtschaftliche Unsicherheit im Euroraum“ ins Treffen führt.

Sobald ein Projekt mit dem Etikett „Penthouse“ geschmückt wird, ist das Interesse ungleich größer. „Die Nachfrage nach Penthouse-Wohnungen mit einer Wohnnutzfläche bis zu 180 Quadratmetern sowohl zum Kauf als auch zur Miete ist stark“, bestätigt Purkarthofer. Allerdings halten die Etikettierungen nicht immer, was sie versprechen. „Ein zweiter Blick offenbart vielfach, dass bei der Qualität gespart wird. Die Materialien unterscheiden sich manchmal nicht wesentlich vom sozialen Wohnbau – etwa im Fall von Zwischenwänden aus Rigips“, hat Nemetz beobachtet. „Muss ein potenzieller Käufer erst einmal 50.000 Euro für eine Ausstattung mit einem vernünftigen Boden und soliden Türen investieren, erscheint manches Objekt nicht mehr ganz so attraktiv.“

Es sind die kleineren Anlagen mit reizvollem Ausblick, optimaler Verkehrsanbindung und Standards wie Tiefgaragenplatz und Barrierefreiheit, die in der Gunst der Klientel ganz oben liegen. Gefragt sind seit eh und je auch schmucke Villen. In Geidorf findet sich aktuell laut Purkarthofer eine Villenhälfte mit Ober- und Dachgeschoß und knapp unter 200 Quadratmetern zum Verkauf. Kostenpunkt: 665.000 Euro. In Graz ist in Gösting eine um 1900 im Neorenaissancestil erbaute Stilvilla mit Park, Panorama- und Stadtblick, 400 Quadratmeter Wohnfläche und 4643 Quadratmetern Grund aktuell für 880.000 Euro zu haben.

Nemetz verweist auf eine Villa samt Teich in Grünruhelage in Graz-Andritz mit 330 Quadratmeter Wohnfläche und fast 7000 Quadratmeter Grund sowie auf ein modernes Domizil mit sieben Zimmern und Pool, das derzeit in St. Peter zum Verkauf steht. Preise werden aus Diskretionsgründen nicht genannt. „Die Tendenz steigender Preise besteht seit einiger Zeit, es sieht nicht so aus, als ob sich da etwas ändert“, sagt Strohmaier. Weil die Stadt sukzessive teurer wird, gewinnt der Speckgürtel um die Murmetropole an Zuspruch. „Nur wenige ziehen aufs Land, weil sie wirklich auf dem Land leben möchten“, konstatiert Nemetz. Vielmehr erscheinen den Suchenden die Preise in den Umlandgemeinden durchaus attraktiv, schließlich liegen sie um 25 bis 40 Prozent unter jenen in der Landeshauptstadt. Für klassische Luxusimmobilien im Grünen muss man allerdings einen noch weiteren Weg in Kauf nehmen – bis zu den südsteirischen Weinbergen etwa.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.11.2012)

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