Masern – was ist das eigentlich?

Symbolbild: Baby bekommt eine Impfung gegen Masern.
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In fast allen Bundesländern kam es 2019 bereits zu Masernfällen. Wie verbreitet sich diese Krankheit? Wie viele Österreicher sind geimpft - und warum sind Masern so gefährlich? Vier Fragen, vier Antworten.

In Vorarlberg und in Kärnten wurden in der Vorwoche Masernfälle gemeldet – und haben die Debatte über den Sinn von Schutzimpfungen und Ansteckungsgefahren neu aufkochen lassen. In der Landeshauptstadt Klagenfurt stand deshalb sogar der öffentliche Busverkehr über Stunden hinweg still, ein Gymnasium wurde vorübergehend geschlossen. Das Gesundheitsministerium lehnt eine Impfpflicht dennoch ab – auch für Gesundheitspersonal gilt keine solche. Die Österreichische Ärztekammer hat sich am vergangenen Mittwoch im Rahmen eines Vorstandsbeschlusses für eine generelle Impfpflicht bezüglich aller im Impfplan empfohlenen Immunisierungen ausgesprochen.

Was sind Masern und wie verbreitet sich diese Krankheit?

Bei Masern handelt es sich um eine äußert ansteckende Infektionskrankheit, die durch das Morbilli-Virus übertragen wird. Letzteres meist durch Tröpfcheninfektion – also Sprechen, Niesen, Husten –, wobei sich die Personen nicht unmittelbar gegenüber stehen müssen. Bei typischem Verlauf der Erkrankung kommt es etwa acht bis 14 Tage nach der Ansteckung zu Fieber, Kopfschmerzen, Schnupfen, Husten und einer Bindehautentzündung des Auges. Am zweiten bis dritten Krankheitstag tritt eine Rötung des Gaumens auf, an der Wangenschleimhaut werden weiße Flecken sichtbar, bevor das Fieber wieder abfällt. Etwa ab dem vierten Krankheitstag werden die typischen roten Flecken auf der Haut sichtbar, der sich im Durchschnitt eine Woche lang halten und über den ganzen Körper ausbreiten können. Vier Tage vor bis vier Tage nach dem Hautausschlag ist die Erkrankung ansteckend.

Warum gelten Masern als so gefährlich?

In 20 Prozent der Fälle treten Komplikationen wie Mittelohr- und Lungenentzündungen auf, außerdem besteht während der Infektion ein erhöhtes Risiko, an Diphtherie, Keuchhusten oder Tuberkulose zu erkranken. Bei etwa einer von 1000 bis 2000 Erkrankungen tritt die sogenannte Masernenzephalitis auf. Dahinter verbirgt sich eine Entzündung des Gehirns, die in etwa zehn bis 40 Prozent der Fälle tödlich endet. In weiteren 20 bis 40 Prozent der Fälle kommt es zu bleibenden Folgeschäden. Extrem selten kann einer Masernerkrankung subakute sklerosierende Panenzephalitis (SSPE) folgen – eine langsam verlaufende, tödliche Gehirnerkrankung. Abgesehen davon schwächt eine Masernerkrankung das Immunsystem nachhaltig, sodass die Betroffenen jahrelang deutlich anfälliger für alltägliche Infektionskrankheiten sind.

Wie viele Masernfälle gab es 2019 bereits in Österreich?

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnt seit dem Jahreswechsel  vor der rasant steigenden Zahl der Infektionen: 2017 wurden weltweit um 30 Prozent mehr Fälle gemeldet als im Jahr davor. Tödlich geendet haben Masern 2017 bei weltweit 110.000 Menschen, die meisten davon Kinder. In Österreich gab es im Vorjahr 77 Masernfälle, davon 44 in Wien. In den ersten dreieinhalb Monaten dieses Jahres wurden bereits 64 Masernfälle notiert. Betroffen waren nach dem jüngsten Ausbruch in Kärnten alle Bundesländer mit Ausnahme von Niederösterreich und dem Burgenland. 36 Erkrankungen gab es in der Steiermark, 15 in Salzburg, je vier in Kärnten und Tirol, drei in Wien und je einen in Oberösterreich und Vorarlberg, wie aus den aktuellen Zahlen der AGES hervorgeht.

Wie viele Österreicher sind gegen Masern geimpft?

Theoretisch sollten in Österreich mehr als 95 Prozent der Kinder zweimal (im Abstand von einem Monat) gegen Masern  immunisiert werden – in den 1970ern wurde die entsprechende MMR-Dreifachimpfung eingeführt (Masern, Mumps, Röteln). Diese Doppelimpfung soll einen lebenslangen Schutz gewähren. Tatsächlich ist die Impfrate hierzulande aber zu gering, als dass der „Herdenschutz“ wirksam würde, sprich: um Übertragungen zu vermeiden. Sechs Prozent der Zwei- bis Fünfjährigen sind laut Stand von 2017 gar nicht geimpft, etwa zehn Prozent aller geimpften Kinder fehlt die zweite Teilimpfung (umgerechnet 48.000 Kinder).

(hell)

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