Biedermeier, Baubehörde und ein Trümmerhaufen

Karolinengasse 13 im Juli 2018...
Karolinengasse 13 im Juli 2018...(c) Wolfgang Freitag
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Korrekt adressieren müsste man können oder: Wie man Altbaumauern doch noch zum Einsturz bringt.

„Bauperiode: vor 1848“, sagt der Wiener Kulturgüterplan. Und Wien Geschichte Wiki meint, in der Karolinengasse 13, Wien Wieden, befinde sich ein Biedermeierhaus, Baujahr 1827. Befand sich, um genau zu sein: Denn an besagter Adresse, vormals Heimstatt Wiener Gastlichkeit, ist dieser Tage kein Gebäude mehr zu sehen, nur Entsorgungsstoff für die Bauschuttdeponie.

Zur Erinnerung: Im April 2018 präsentierte Wiens Stadtregierung Pläne, den Abriss historischer Bausubstanz zu erschweren. Der Haken an der gut gemeinten Sache: Die entsprechende Beschlussfassung war erst für Herbst vorgesehen, was abrisswilligen Altbaueignern Zeit genug verschaffte, ihr Vorhaben baubehördlich auf den Weg zu bringen. Als die Abrissbirne wenig später – und wenig überraschend – wienweit durch Altbaumauern tobte, zog man, durch Proteste aufgeschreckt, den Beschluss der Schutzbestimmung vor, worauf sich über Dutzende Abrissbaustellen ein Baustopp senkte. So weit der Stand im Juli 2018. Auch in der Karolinengasse 13.

... und dieser Tage.
... und dieser Tage.(c) Wolfgang Freitag

Dass dort mittlerweile selbst jene Fassadenteile, die den ersten Abrissanlauf überstanden hatten, so gut wie vollständig zerstört sind, ist nicht zuletzt der Wiener Baubehörde anzulasten: Die nämlich hatte den Baustopp offenbar nicht genau genug adressiert, weshalb das Verwaltungsgericht dem entsprechenden Bescheid kürzlich Nichtigkeit attestierte – was der betroffene Eigner wiederum seinerseits zum Vorwand nahm, abermals die Abbruchbagger in Bewegung zu setzen. Mit wie viel Recht, wird noch zu klären sein – nur: Für das Biedermeierhaus kommt jede noch so deftige Sanktion jedenfalls zu spät. Ob Stadtregierung, ob Baubehörde: Wär's nicht Wien, müsst' man fast meinen, so viel Unbeholfenheit – das kann doch nicht nur Zufall sein . . .

E-Mails an: wolfgang.freitag@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.01.2019)

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