Besser leben ohne Facebook

Bye bye, Facebook!
Bye bye, Facebook!REUTERS
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Seit knapp drei Monaten bin ich nicht mehr auf Facebook. Ich kann diese Erfahrung nur wärmstens empfehlen.

Ich verschwende weniger Zeit, lese mehr Bücher und Zeitungen, und darüber hinaus hat mir die Löschung meines Accounts auch bei der Unterscheidung zwischen echten Freundschaften und seichten Bekanntschaften geholfen. „Aus den Augen, aus dem Sinn“, kommentierte da einer beispielsweise, der auf Facebook besonders aktiv ist, meine Entscheidung. In der Tat hat er sich seither nicht mehr gemeldet.

Ein Jahrzehnt lang habe ich dieses sogenannte soziale Medium genutzt. Facebook sei ein Kaffeehaus, bei dem ich darüber entscheide, wer Einlass finde, pflegte ich zu sagen. Doch die Enthüllungen über den nonchalanten Umgang Mark Zuckerbergs und seiner Prätorianer mit unserer Privatsphäre und unserem Vertrauen ließen mich feststellen, dass der Eigentümer des Kaffeehauses erstens überall versteckte Kameras montiert hat, deren Aufnahmen er zweitens an jeden verscherbelt, der dafür zu zahlen bereit ist, und sich drittens nicht darum kümmert, gegen wen der Cafetier ein Lokalverbot verhängt hat. Das Fass zum Überlaufen brachte vorigen Herbst ein Artikel in der „New York Times“, den Sie unter „A Dark Consensus about Screens And Kids Begins to Emerge in Silicon Valley“ nachlesen sollten. Mehrere Vertreter der Technologieelite bekunden darin, dass sie ihre eigenen Kinder von den Produkten, die sie reich gemacht haben, fernhalten wie von Drogen.

Wir sind in der Debatte der gesellschaftlichen Folgen der Facebookisierung also dort angelangt, wo jene über die gesundheitlichen Gefahren des Rauchens zu kippen begonnen hat, als Manager großer Tabakkonzerne öffentlich zu bekunden angefangen haben, selbst Nichtraucher zu sein. Ich halte es insofern mit Věra Jourová, der EU-Kommissarin für Justiz, Verbraucherschutz und Gleichstellung, die sich 2015 von Facebook verabschiedet und dies vorige Woche gegenüber der „Stuttgarter Zeitung“ so begründet hat: „Wir sollten uns die Freiheit bewahren, wie weit wir uns dieser permanenten öffentlichen Kommunikation aussetzen.“

E-Mails an:oliver.grimm@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.03.2019)

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