Sonntags auf dem Balkon

Endlich ist es wieder warm genug, um auf dem Balkon zu relaxen.
Endlich ist es wieder warm genug, um auf dem Balkon zu relaxen.(c) imago images / Westend61 (Peter Scholl via www.imago-images.de)
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Wir Menschen sind schon eine interessante Spezies. Fast so, als hätten wir die vergangenen Monate in kompletter Dunkelheit verbracht (tatsächlich aber war ja der Februar unverschämt sonnenstundenreich), zieht es uns an den ersten Wochenenden, die sich nach Frühling anfühlen, magnetisch in die Sonne.

Wer einen hat, begibt sich auf seinen Balkon, wo man die Nachbarn dabei beobachtet, wie sie rundherum das Gleiche tun wie man selbst: säckeweise Blumenerde rausschleppen. Balkonmöbel putzen, den Winter wegfegen, um sogleich sämtliche Aktivitäten, die man sonst fehlerfrei im Inneren der Wohnung ausführt, auf die wenigen Quadratmeter Freifläche zu verlegen. Der Balkontisch, von seiner Größe her für das Abstellen von, sagen wir, drei Häferln ausgerichtet, muss nun das gesamte Mittagessen stemmen: Teller, Besteck, Salatschüsseln, alles wird hinausgetragen und puzzlesteinartig auf der kleinen Tischfläche arrangiert. Natürlich vergisst man drinnen dies und das, das Öl, das Salz, rennt ständig hin und wieder her, während der Wind eine rechte Freude an der Leichtigkeit hat, mit der er die Servietten forttragen kann.

Natürlich ist, bis man sitzt und isst, das Essen längst kalt, aber Hauptsache, man spürt dabei die Sonne im Rücken. Danach wird alles rein-, Kaffee und Nachspeise rausgebracht. Nun will das Kind draußen ein Spiel spielen, der Tisch ist aber für große Spielbretter zu kleinformatig, Spielkarten verweht der Wind gern, und die kleinen Plastikstecker vom Schifferlversenken leben seit dem vergangenen Balkonsommer sowieso schon in den Ritzen der Bodenfliesen. Wir einigen uns also auf das einzig Sinnvolle, was man auf Balkonen tun sollte: Lesen. Bis wir uns für ein Buch entschieden haben („Ronja Räubertochter“!) und endlich ohne Hin und Her nur still sitzen, ist die Sonne hinter dem Nachbarhaus verschwunden, und es ist in der Sekunde eiskalt. Draußen mit Jacken fühlt es sich dann nicht ganz so nach Frühling an. Natürlich, könnten Sie jetzt sagen, kann man einfach wieder hineingehen. Oder sich einen größeren Balkontisch kaufen. Aber wissen Sie was? Diese Kolumne schreibt sich halt auch nicht von selbst.

E-Mails an:mirjam.marits@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.04.2019)

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