Fertigessen im DNA-Test: Lidl zieht mehr Produkte zurück

Die Presse
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Lokalaugenschein. Im Wiener Labor analysiert die Ages Dutzende Produkte. Die EU erwägt dauerhafte DNA-Tests, Lidl zieht noch ein Fertiggericht zurück.

Wien. Vom Pferd ist nicht viel übrig. Es sind nur 100 Mikroliter „Puffer-Flüssigkeit, damit sich die DNA wohlfühlt", wie Rupert Hochegger erklärt. Und die DNA des Fleisches, die der Leiter der Abteilung für Molekular- und Mikrobiologie der Ages in einem Minibehälter zeigt. Und doch lässt sich aus dieser Menge, nicht mehr als einem Tropfen, genau sagen, was in einem Fertiggericht steckt. „Es ist unglaublich, wie wirkungsvoll das ist", sagt Hochegger. Allein aus dem Tropfen lasse sich sagen, wie groß der prozentuelle Anteil des Pferdefleisches am ganzen Gericht ist.

Bei der Ages, der staatlichen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit, laufen die Fäden im Pferdefleischskandal zusammen. Außer in den Ages-Labors im Gewerbegebiet der Donaustadt, werden nur in der Wiener Lebensmitteluntersuchungsanstalt und in einem Institut in Klagenfurt Nahrungsmittel auf Spuren von Pferd untersucht. Bei der Ages sind bis Montag 37 Proben eingetroffen.

Mitarbeiter der Landesbehörden - in Wien ist das Marktamt zuständig - haben in den vergangenen Tagen Fertiggerichte, die laut Etikett Rind enthalten, eingekauft. Proben daraus (also gemixte Masse) wurden an die Ages geschickt, nachdem das Gesundheitsministerium eine Schwerpunktkontrolle von Fertigprodukten aus dem Ausland angeordnet hatte.

Bei der Ages kommen laufend Proben aus den Bundesländern an, sagt Hochegger. Bisher konnte man einen Pferdefleisch-Anteil in einem Tortellonigericht von Lidl nachweisen. Am Montag zog der Diskonter vorsorglich ein weiteres Produkt zurück: Combino Penne Bolognese. Am frühen Abend erhärtete sich der Verdacht: Eine Eigenuntersuchung habe ergeben, dass in dem Fertiggericht Pferdefleisch enthalten sei, erklärte ein Sprecher von Lidl. Wie groß der Anteil ist, könne man noch nicht sagen. Ein gesundheitliches Risiko bestehe aber nicht. Kunden erhalten den Kaufpreis zurück - auch ohne Beleg.

Keine Hektik trotz Großauftrags

Dieser Nachweis gelingt über molekularbiologische Methoden. Erst wird das Gericht püriert, dann wird DNA isoliert. Dazu werden der Masse immer wieder Enzyme und Chemikalien zugesetzt, der Mix wird zentrifugiert oder geschaukelt. Bei Fleisch, so Hochegger, sei die Isolation von DNA kein Problem, bei anderen hoch verarbeiteten Produkten, Cornflakes etwa, sei das kaum mehr möglich. Der Nachweis von Pferdefleisch gelingt durch das Verfahren „Real Time PCR", dabei wird jene DNA-Sequenz nachgewiesen, die in dieser Form nur bei Pferden vorkommt.

Auf EU-Ebene erwägt man, diese DNA-Tests bei Fleisch zum Standard-Prozedere zu machen. Zeige sich, dass diese Tests zum Schutz der Gesundheit nötig seien, „müssen wir über dauerhafte Pflichttests nachdenken", so Gesundheitskommissar Tonio Borg. In Brüssel wurde bereits ein Aktionsplan verabschiedet, demzufolge EU-weit 2250 Proben einen DNA-Tests durchlaufen. Der Aktionsplan sieht auch Kontrollen auf das für Menschen möglicherweise gefährliche Medikament Phenylbutazon vor.

In den Ages-Labors herrscht trotz der Großaktion keine Hektik. Rund sieben Mitarbeiter befassen sich mit den Tests auf Pferdefleisch, aber, so Hochegger, „Schwerpunktaktionen gibt es immer wieder". Und schließlich übernehmen surrende Automaten einen guten Teil der Arbeit: Den letztlichen Nachweis der Pferde-DNA etwa. Ist Pferd in einer Probe enthalten, steigt am Ende die Kurve eines Graphen an. Und so wird das Pferd auch im Labor doch wieder sichtbar.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19. Februar 2013)

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