Lilienfeld: Affäre um „Pfusch“ bei Turnsaalbau

Lilienfeld Affaere Turnsaalbau
Lilienfeld Affaere Turnsaalbau(C) Kunze/ Winroither
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Bei der Errichtung des Turnsaals im BG/BRG Lilienfeld sind Ungereimtheiten aufgetreten. Der Saal scheint laut dem ehemaligen Generalplaner billiger gebaut worden zu sein, als er derzeit offiziell kosten soll.

Lilienfeld. Es hätte ein Prestigeprojekt für Lilienfeld sein sollen: die neue Turnhalle im Bundesgymnasium (BG) bzw. Bundesrealgymnasium (BRG). Eine 675 Quadratmeter große Halle mit Parkettboden, einer Bodenheizung, Galerie und moderner Beleuchtung. Kosten: 4,7 Millionen Euro.

Herausgekommen ist ein Bauprojekt, das für Ärger sorgt. „Bei dem Turnsaal wurde nicht das gebaut, was geplant war“, sagt der ehemalige Generalplaner Helmut Kunze. Er schätzt, dass das Projekt um 20 bis 30 Prozent billiger gebaut wurde, als es derzeit offiziell kosten soll. Weiters sollen der Denkmalschutz zum Teil missachtet und Änderungen ohne ausreichende Genehmigung vorgenommen worden sein.

Um das zu verstehen, muss man die Geschichte des Turnsaals kennen. 2008 wurde der Wiener Architekt Helmut Kunze mit der Planung der neuen Turnhalle beauftragt. Die Schule liegt direkt im Zisterzienserstift Lilienfeld. Bauherr des Turnsaals ist das Unterrichtsministerium, das durch den Landesschulrat Niederösterreich vertreten ist. Da das Stift unter Denkmalschutz steht, entschied man, den Turnsaal unter dem bereits bestehenden Sportplatz neben dem Stift zu errichten.

Als Generalunternehmer wurde die Firma Alpine Bau GmbH beauftragt, die das Vorhaben auch mit einem gedeckelten Preis von 4,7 Millionen Euro vorfinanzieren sollte. Ab dann, sagt Kunze, hätten die Probleme begonnen. „Wo immer sie die Möglichkeit sahen, haben sie (die Alpine, Anm.) versucht, mich zum Schaden des Bauherrn auszutricksen.“

Lilienfeld Affaere
Lilienfeld Affaere (C) DiePresse

Baustopp nach Unstimmigkeiten

Als Beispiel führt er die Sicherung der Baugrube an: Anstatt des geplanten (teureren) DSV-Verfahrens, schlug die Alpine ein (billigeres) Verfahren mit Bohrpfählen vor, bei dessen Planung laut Kunze Ungereimtheiten auftraten. Es folgte eine Auseinandersetzung, die zum Stillstand auf der Baustelle führte, Kunze schlug die Entlassung der Firma vor.

Doch das Unterrichtsministerium winkte ab. „Sie wollten mit der Alpine weiterarbeiten, und ohne Vertrauen des Bauherrn geht nichts“, sagt Kunze. Er legte sein Mandat zurück. „Mir blieb nichts anderes übrig.“ Umso überraschter ist er, als er mehr als ein Jahr später die fast fertige Halle sieht. „Das hat nichts mit dem Bau zu tun, den ich eingereicht habe“, so Kunze. Der „Presse“ liegen die Pläne vor. Und tatsächlich scheint die Halle verändert.

Statt des nicht überdachten halbrunden Abgangs zu den Sportstätten steht nun ein Häuschen als Zugang zur Turnhalle. Die Dachfenster der Halle wurden laut Kunze höher gebaut als genehmigt. Auch die beiden denkmalgeschützten Mauern erinnern nicht mehr an früher. Dabei war es Vorgabe des Denkmalamtes, dass die beiden bei den Bauarbeiten abgetragenen Mauern „in Material und Technik analog dem Altbestand“ wieder aufgebaut werden. Inklusive „Wiederherstellung mit gleichem Steinmaterial“, steht in dem Bescheid. Kunze hat deswegen extra das alte Mauerwerk aufgehoben. Doch nun steht auf der Nordseite eine moderne Mauer mit Natursteinen verblendet. Die Südmauer wurde laut Kunze wiederum um zirka 1,5 Meter höher gebaut als genehmigt.

Kunze berichtet weiter von technischen Dingen, die eingespart wurden, deren Fehlen aber gefährlich werden könnte. Etwa die fehlende Drainagierung, die Sickerwässer ableiten soll. „Ohne diese kann Wasser eintreten und großen Schaden im Turnsaal und in den Nachbargebäuden anrichten“, sagt Kunze.

Billigere Heizung

Andere Änderungen im Bau wie eine billigere Heizung und den fehlenden Parkettboden kann Kunze nur vermuten. Wie zur Bestätigung kommt ein Passant vorbei. „In der Halle ist ein Kunststoffboden“, sagt er, „weil es sein könnte, dass noch Wasser eindringt.“ So erzählt man sich das im Ort.

Der großflächige Umbau wurde, so scheint es, so nie genehmigt. Das bestätigt der Bürgermeister von Lilienfeld und damit oberste Baubehörde im Ort. „Es hat nur einmal eine Auswechslung (Änderung der Baugenehmigung, Anm.)gegeben, das war aber noch zu Zeiten von Herrn Kunze“, sagt Herbert Schrittwieser (ÖVP). Danach gab es geringfügige Änderungen, aber „nichts Grobes“. Auch das Denkmalamt weiß von keinen neuen Bescheiden. „Wir haben derzeit die Lüftungsanlage und den Kamin auf dem Dach beanstandet“, sagt Landeskonservator Hermann Fuchsberger. Nach dem Anruf der „Presse“ will er sich den Bau noch einmal genau ansehen.

„Eine Mauer scheint höher“

Da noch keine „Bauvollendungsmeldung“ erfolgt sei, hätte weder Bürgermeister noch das Denkmalamt das Projekt überprüft. „Aber ja, eine Mauer erscheint höher“, sagt der Bürgermeister. Freigegeben will er nichts haben. Das steht im Widerspruch zur Nutzung der Halle. Dort turnen nämlich bereits seit Juni Kinder. „Die Teilfertigstellungsmeldung wurde der Behörde vorgelegt“, sagt Harald Zeilinger vom Landesschulrat Niederösterreich. Nur die Außenanlagen wurden noch nicht abgenommen. Seit die Firma Alpine in Konkurs gegangen ist, ist es auf der Baustelle still. Wer sie übernehmen wird, ist offen.

An den Kosten des Baus soll sich nichts geändert haben. „Es wird ungefähr die 4,7 Millionen Euro kosten.“ Von nicht genehmigten Änderungen will Zeilinger nichts wissen. Der „Wiederaufbau der Südmauer“ sowie die „westseitige Zugangs- und Fluchtstiege mit Dachlösung“ sei in Abstimmung mit „Bundesdenkmalamt“, „Behörde“ und „Nutzer“ ausgeführt worden, schreibt er in einem Mail. Der Projektleiter der Firma Alpine Bau ist mittlerweile für eine andere Firma tätig und wollte sich nicht äußern. Auch der ehemalige Prüfingenieur, der nach dem Abtritt von Kunze laut Landesschulrat die Planungen übernommen hat, war zu keiner Stellungnahme bereit.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.09.2013)

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