Die Würde des Mannes ist antastbar – für Türsteher

»Sorry, wir lassen nur noch Frauen herein«: Der Einlassklassiker führte in München fast zum Musterprozess.

Es war ein lauer Sommerabend im Münchner Glockenbachviertel. Nils Kratzer wollte mit einem Spezl noch auf einen Absacker gehen. Ihr Ziel: das Café am Hochhaus, eine schwer angesagte und entsprechend volle Bar. Doch ein Zerberus verwehrte ihnen den Eintritt. Nicht etwa, weil sie stilistisch aus dem Rahmen fielen oder betrunken wirkten. Nein, ganz simpel: „Ich muss sehen, dass nicht so viele Männer hereinkommen“, erklärte der Türsteher. Denn drinnen waren zu wenig Frauen, und das will der Wirt nicht.

Da war der Lokalbesitzer aber an den Falschen geraten. Denn der solcherart Erniedrigte war Anwalt und witterte wohl sogleich die Chance auf einen Musterprozess. Die Basis: Gleichbehandlungsgesetz, „Benachteiligung aus Gründen des Geschlechts“. Die Szene begann zu zittern. Klar: Wer ständig türkisch oder arabisch aussehende Gäste abweist, der diskriminiert. Das sehen alle ein, zumindest offiziell. Aber dass ein Türsteher für ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis sorgt, damit eine „angenehme und freundliche Atmosphäre“ entsteht, ist gang und gäbe. Wenn er auch das nicht mehr darf, steht seine ganze Zunft infrage. Und das gedemütigte Partyvolk könnte endlich offene Türen einrennen.

Der Wirt und seine Anwältin wehrten sich vor dem Amtsgericht: Der Gesetzgeber erlaubt eine unterschiedliche Behandlung, wenn sie Gefahren vermeidet. Zu viele Männer in der Bar, das heiße auch zu viel Alkohol, zu viel „Aggressionspotenzial“, mehr sexuelle Übergriffe. Diese Argumentation empörte den Kläger erst recht: „Ich belästige keine Frauen!“ Die Richterin würdigte jedoch als „rechtserheblich“, dass der Einlassstopp ja nur „vorübergehend“ galt. Heraus kam kein Präjudiz, nur ein harmloser Vergleich. Und für die ausgestoßenen deutschen Männer darf es weiter heißen: „Ihr müsst leider draußen bleiben.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.10.2013)

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