Haus des Meeres: 6 Haie 9 Stunden reanimiert – ohne Erfolg

Der Tod von sechs Haien gibt nicht nur viele Rätsel auf. Er kratzt auch kräftig an der Reputation des Hauses.

WIEN.Neun Stunden hat er sie gemeinsam mit Pflegern reanimiert. Und trotzdem „sind uns die Haie unter der Hand weggestorben“, sagt Michael Mitic, Direktor des Wiener „Haus des Meeres“, merklich betroffen. Sechs der neun Haie, die am Montag in das neue, zweistöckige Haibecken übersiedelt wurden, sind gestorben, kurz nachdem sie aus der Narkose erwacht waren („Die Presse“ berichtete).

Warum – „darüber rätseln wir, aber wir kommen auf keinen grünen Zweig“. Die Tiere werden derzeit auf der Veterinärmedizinischen Universität obduziert. Der Befund lässt noch mindestens eine Woche auf sich warten.

Eine zu starke Narkose scheidet für Mitic jedenfalls aus. „Sonst wären sie ja gar nicht aufgewacht“. Ein Fach-Tierarzt hat die Fische Montag „leicht sediert, das war keine Vollnarkose“. Das habe in all den Jahren immer problemlos funktioniert. Dann wurden die Haie – in Leinensäcke verpackt – mit dem Lift in den fünften Stock transportiert. Nach dem „Aufwachschwimmen“ hätten die Haie nach und nach aufgehört, zu atmen. Mittels künstlich erzeugter Strömung wurde stundenlang versucht, die Tiere zu reanimieren.

Mangelnde Versorgung mit Sauerstoff könnte auch der Grund für den Tod der Tiere gewesen sein, vermutet der Zoologe Gerald Kastberger von der Uni Graz per Ferndiagnose. „Haie haben einen immensen Sauerstoffbedarf.“ Die Tiere könnten durch zu wenig Sauerstoff schon „vorgeschädigt“ aus der Narkose erwacht seien.

Ein weiterer naheliegender Grund – die Zusammensetzung des Salzwassers – scheint auszuscheiden: Seit Wochen leben hunderte Fische ohne Probleme im neuen Becken. „Die Wasserqualität war in Ordnung“, bestätigt Elisabeth Licek von der Veterinärmedizinischen Uni, die an der Obduktion beteiligt ist. Und auch die anderen Haie und Schildkröte „Puppy“ „sind putzmunter“, sagt Direktor Mitic. Fünf weitere Haie, die übersiedeln hätten sollen, bleiben vorerst jedenfalls in ihrem alten Becken.

Der Hai-Tod ist auch ein Rückschlag für die Zucht. „Wir sind für unser Zuchterfolge europaweit bekannt“, sagt Mitic. „Die Haie waren alle geschlechtsreif und haben bereits gebalzt“. Dass das rätselhafte Sterben von gleich sechs Haien eher unvorteilhaft für die Reputation des „Haus des Meeres“ ist, glaubt Mitic aber nicht. „Jedenfalls nicht in Fachkreisen“. Immerhin habe auch Österreichs Vorzeige-Meerestaucher Hans Hass gesagt, „dass so etwas passieren kann“.

Nach der Obduktion kommen die Haie in die Tierkörperverwertung (siehe Artikel unten). „Ausstopfen wäre pietätlos“, meint Mitic, der nun einige junge Haie kaufen will. „Das dauert dann aber wieder Jahre, bis die zeugungsfähig sind“, sagt er.

„Habe sie persönlich gekannt“

Überhaupt scheint das „Haus des Meeres“ vom Pech verfolgt. So hatte sich die Eröffnung des Haibeckens verzögert, weil undichte Stellen gefunden worden waren. Und pünktlich zur Eröffnung der Aussichtsterrasse vor wenigen Wochen fiel der Lift aus. Aber alles nicht so schlimm wie die toten Haie. „Das tut weh, sagt Mitic. „Ich habe sie alle persönlich gekannt.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.05.2007)

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