Wörthersee: „Schandfleck“ Schrottenturm wird saniert

Klagenfurt. Am Stadtrand soll ein neues Wahrzeichen entstehen.

KLAGENFURT.Jetzt geht's einem Schandfleck „an den Kragen“, der Einheimischen und Gästen schon seit Jahren ein Dorn im Auge ist. Der „Schrottenturm“ an der Westeinfahrt von Klagenfurt soll endlich saniert werden. Schon seit viel zu langer Zeit stört die Ruine das ansonsten pittoreske Ambiente am Ufer des Wörthersees. Von 1927 bis 1970 lockte ein Café-Restaurant in dem Areal die Gäste zur Einkehr. Seither finden dort Obdachlose Unterschlupf. Immer wieder hat es Diskussionen um eine Revitalisierung des markanten Bauwerks gegeben, angedachte Projekte sind gescheitert.

Jetzt hat die in der Kärntner Landeshauptstadt ansässige Firma „Riedergarten Immobilien“ den Turm und die darunter liegende Schrottenburg der Hotelier-Familie Unzeitig abgekauft. Man arbeite an einem Projekt zur Neubelebung der Liegenschaft rund um den Schrottenturm, sagt Geschäftsführer Herbert Waldner. Schon Mitte August will man die Details des Bauvorhabens der Öffentlichkeit präsentieren. Einzelheiten werden jetzt noch nicht verraten. Nur so viel: Der Schrottenturm soll wieder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, gedacht ist an Veranstaltungs- und Seminarräumlichkeiten mit gehobener Gastronomie.

Eingangstor nach Klagenfurt

Weil das Areal unter Denkmalschutz steht, müssen die Bauherren mit Fingerspitzengefühl an die Realisierung gehen. Das war für die bisherige Besitzerin Ingeborg Unzeitig auch die Voraussetzung für den Verkauf. Sie habe die Schrottenburg geerbt, deshalb hänge ihr Herz an der Anlage. Sie freue sich jedoch darauf, wenn dem Turm und der Burg neues Leben eingehaucht wird. Auch Klagenfurts Bürgermeister Harald Scheucher (VP) begrüßt die Baupläne: „Das markante Eingangstor nach Klagenfurt soll wieder ein beliebtes Ausflugsziel werden.“

In den Schrottürmen wurden im 19. bis Anfang 20. Jahrhundert Schrotkugeln für Patronen hergestellt, in Kärnten hat es sechs davon gegeben, der in Klagenfurt ist übrig geblieben. Flüssiges Blei wurde an der Spitze des Turmes durch ein Sieb gegossen. Beim Herunterfallen erstarrte es zu kleinen Kügelchen, die am Boden in einem Wasserbecken aufgefangen wurden und so rasch abkühlten. Turmgießverfahren wurde diese Produktionsmethode genannt.

Nicht nur in Klagenfurt, sondern auch in den USA und in Australien sind Schrottürme als Industriedenkmäler erhalten. Weltbekannt ist der „Shot-Tower“ der Lead Pipe & Shot Factory in Melbourne, der erst in den 1960ern außer Betrieb genommen und daraufhin als denkmalgeschützte Attraktion in den kuppelartig überdachten Innenhof eines großen Einkaufszentrums integriert wurde. Der 1908 errichtete Schrotkugelturm in Berlin-Rummelstadt ist das Wahrzeichen des Stadtteiles Victoriastadt. Der grüne Gemeinderat und Hobby-Historiker Reinhold Gasper weist darauf hin, dass es nirgendwo in Europa eine solche Dichte an Schrottürmen gegeben hat wie im „Gold-, Eisen- und Bleiland Kärnten“.

Gemeinsam mit Hans Ucik hat er eine Broschüre über die sechs Kärntner Schrottürme herausgebracht. Darin ist nachzulesen, dass schon Anfang der 50er-Jahre des vorigen Jahrhunderts ein Projekt zur Verbauung der Schrottburg beim Denkmalamt eingereicht worden war. Die Behörden hatten dies jedoch abgelehnt mit der Begründung, der geplante Umbau werde nach seiner Fertigstellung aussehen wie „ein Dampfschiff mit überdimensionalem Schornstein“.

FAKTEN

in Schrottürmen wurden einst Schrotkugeln für Patronen hergestellt. An der Turmspitze wurde flüssiges Blei durch ein Sieb gegossen; die kleinen Kugeln fielen in ein Wasserbecken.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.07.2007)

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