Kann man Minarette verbieten?

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Islam. Rechtsexperten halten Jörg Haiders Vorhaben, den Bau von Moscheen zu verbieten, für verfassungsrechtlich nicht haltbar.

WIEN. Kann man den Bau von Moscheen und Minaretten in Österreich verbieten? Mit einer derartigen Forderung hatte Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider für Aufsehen gesorgt. Sein Plan: Moscheen und Gebetstürme sollten im Ortsbildpflegegesetz als Störung des Ortsbildes deklariert werden. Das Ortsbild, so Haider, solle per Gesetz sowohl in architektonischer als auch in religiös-kultureller Hinsicht bewahrt werden.

„Das ist verfassungsrechtlich nicht haltbar“, sagt Bernd Christian Funk vom Institut für Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität Wien im Gespräch mit der „Presse“. Eine solche Regelung widerspreche sowohl dem Gleichheitsgrundsatz, der Religionsfreiheit als auch der Freiheit öffentlicher Religionsausübung. Der Rechtsexperte sieht in Haiders Forderungen nur den „Versuch eines Wahlkampfgags.“

Verbot nur über Umwege

Ähnlich wie Funk argumentiert Jürgen Wallner vom Institut für Rechtsphilosophie, Religions- und Kulturrecht der Universität Wien: „Ein Verbot in dieser Absolutheit halte ich nicht für möglich.“ Er schränkt aber ein, dass auch für Sakralbauten gewisse Grundsätze gelten – wie auch für alle anderen Bauten. Davon sind etwa bautechnische, baupolizeiliche und die Infrastruktur betreffende Dinge betroffen – Stichwort: genügend Parkplätze. In diesen Punkten könne man sich auch nicht auf die Religionsfreiheit berufen.

Über diesen Umweg könne man theoretisch auch ein Minarett verhindern, wenn dadurch eben derartige Vorschriften verletzt würden. Mit Hilfe der Ortsbildpflegekommission, wie sie in Kärnten bei Bauprojekten eingesetzt wird, einige man sich dann häufig auf einen Kompromiss, mit dem Bauherren und Anwohner leben könnten. Den Bau grundsätzlich zu verbieten wäre allerdings eine Diskriminierung ohne zwingenden Grund, so Wallner.

FP: Verbot in Verfassung

Bei der Kärntner Ortsbildpflegekommission zeigt man sich jedenfalls gespannt, wie die Debatte weitergeht: „Wir hatten noch nie einen Fall mit einer Moschee“, sagt Vorsitzender Dietmar Müller. Ob der Bau eines muslimischen Gotteshauses bei der derzeitigen Gesetzeslage möglich wäre? „Man kann nichts von vornherein ausschließen“, so Müller. Das Gesetz habe strikte Vorgaben, das erste Gebot dabei sei die Berücksichtigung der vorhandenen Umgebung. Im Einzelfall hänge es vom jeweiligen Entwurf ab.

Unterstützung politischer Art bekam Jörg Haider von der FPÖ. In einer Aussendung meinte Parteichef Heinz-Christian Strache, dass ein Bauverbot für Minarette in die Verfassung aufgenommen werden müsse. Zudem fordert er einen jährlichen „Islamisierungsbericht“, der dem Nationalrat vorgelegt werden soll. Trotz inhaltlicher Übereinstimmung spricht FP-Generalsekretär Harald Vilimsky dem Kärntner Landeshauptmann in dieser Angelegenheit aber jede Glaubwürdigkeit ab. Er sei schließlich im Wahlkampf „von einer türkischen Hochzeit zur nächsten getanzt“.

In der SPÖ hält man Haiders Vorschlag für „schädlich“ und „überflüssig“. Integrationssprecherin Elisabeth Hlavac sieht darin „eine typische Aktion des Kärntner Landeshauptmanns“. Bei den Grünen ortet man eine Parallele zur Ortstafelfrage: „Haider provoziert bewusst einen Rechtsstreit bis hin zum Verfassungsgerichtshof, um sich dann zum Opfer zu stilisieren“, sagt Alev Korun, Menschenrechtssprecherin der Wiener Grünen.

Helle Empörung erntete Jörg Haiders Vorschlag auch bei der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich. So sprach der Integrationsbeauftragte Omar Al-Rawi von „Populismus“. Gerade Kärnten habe mit rund zwei Prozent Anteil die zweitniedrigste moslemische Bevölkerungsgruppe in Österreich. Und jene 11.000Menschen könnten mit Sicherheit keinen Kulturkampf entfachen.

DIE MOSCHEENDEBATTE

Anstoß: In der „Presse“ vom vergangenen Wochenende meldete Anas Schakfeh, Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft, Bedarf für neue Moscheen an – derzeit sei allerdings keine in Planung.

Reaktion: Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider forderte daraufhin ein Bauverbot für Moscheen und Minarette in Kärnten. Derartige Bauten sollten künftig als „Störung des Ortsbildes“ deklariert werden.

Zweifel: Rechtsexperten betrachten Haiders Vorschlag als Diskriminierung, verfassungsrechtlich sei er nicht haltbar.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.08.2007)

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