Tourismus entdeckt Schwule

(c) Ötztaler Tourismus
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Im Tiroler Ötztal und am Wörthersee setzt man mit besonderen Angeboten auf anspruchsvolle, homosexuelle Gäste.

SÖLDEN/PÖRTSCHACH. Das Tourismus-Marketing hat die Homosexuellen als neue Zielgruppe entdeckt. Barbara Schöpf vom Tourismusverband Sölden: „Schwule Paare sind meist Doppelverdiener und können daher im Urlaub mehr Geld ausgeben.“ Internationale Studien geben ihr Recht.

Der deutsche Reiseveranstalter TUI hat herausgefunden, dass Gay-Touristen Wert auf hohe Qualität legen und wesentlich öfter verreisen als ihre heterosexuellen Landsleute. Im Jahr 2006 haben 94Prozent aller deutschen Schwulen und Lesben eine Reise unternommen, 22 Prozent von ihnen haben sich sogar vier Mal im Jahr Ferien vom Alltag gegönnt.

In Sölden im Tiroler Ötztal beginnt heute das einwöchige „Gay Snow-Happening“ mit einem Hüttenabend-Warm-up. Die Wintersportmetropole ist auf die besonderen Gäste gut vorbereitet. Im Ortszentrum wehen Fahnen in Regenbogenfarben, für die neue Gästeschicht hat der Tourismusverband schwulenfreundliche Hotels ausgesucht. Barbara Egger, die das Snowhappening organisiert: „Anfangs waren die Vermieter skeptisch und haben die Frage gestellt: Brauch' ma das auch noch?“ Aber mittlerweile hätten Gastronomie und Hotellerie eingesehen, dass es sich lohnt, sich um dieses Klientel zu kümmern. Immerhin wird die Zahl der reisefreudigen Schwulen und Lesben allein in Deutschland von der „International Gay and Lesbian Travel Association“ (IGLTA) auf 5,5 Millionen geschätzt.

Etwa 300 sind in dieser Woche in Sölden zu Gast. Es kommen aber auch homosexuelle Wintersportler aus den Benelux-Ländern, aus England, Russland und Spanien ins derzeit tief verschneite Ötztal. Skihütten, Restaurants und Nachtlokale wurden für sie reserviert, damit sie unter sich bleiben können. Das Wochenprogramm ist abwechslungsreich und reicht vom Karaoke-Abend bis hin zur Travestie-Show. Im „Q-Stall“ steigt am Wochenende die Farewell-Party.

Sölden ist aber nicht der einzige Ort in Österreich, der die Homosexuellen als interessante Gästeschicht entdeckt hat. Am Wörthersee laufen derzeit die Vorbereitungen für das „Internationale Gay-Festival“ das vom 11. bis 14. September in Pörtschach über die Bühne gehen soll. Die deutsche Agentur Communigayte hat den Wörthersee für die „Gay-Community“ entdeckt. Geschäftsführer Michael Drescher: „Der See ist ein Hammer.“ Außerdem hätten die Verbindungen nach Kärnten durch Low-Cost-Carrier für die Destination gesprochen. Sollte „Pink-Wave“, wie das Festival derzeit in der Szene beworben wird, ein Erfolg werden, ist daran gedacht, es zur Dauereinrichtung zu machen. Den bereits vorliegenden Buchungen zufolge wird mit etwa 500 Gästen gerechnet, die die Nachsaison in Pörtschach beleben.

Die Vorbereitungen sind schon sehr konkret: Lokale, in denen die Gay-Community willkommen ist, werden mit pinkfarbenen Streifen gekennzeichnet, auf gecharterten Schiffen sollen Partys gefeiert werden, die Insel im Promenadenbad wird für die Gay-Gäste reserviert. Die Kärnten-Werbung fördert „Pink-Wave“ mit 40.000 Euro.

ZUR SACHE

Die Zahl der reisefreudigen Homosexuellen wird allein in Deutschland auf 5,5 Millionen geschätzt. 94 Prozent von ihnen unternehmen jährlich mindestens eine Urlaubsreise, 22 Prozent verreisen sogar vier Mal pro Jahr. Aufgrund ihrer Kinderlosigkeit sind die Schwulen nicht an die Haupturlaubszeiten gebunden und tragen daher zur Auslastung der Nebensaisonen bei.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.03.2008)

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