Euro 08: Russen bekommen eigene Nobel-Fanzone in Innsbruck

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Das Holzwerk am Innsbrucker Hafen wird zehn Tage lang russische Fanmeile. Deren Herzstück: der Moskauer Szeneclub RAI.

Moskau. Markus Troscher lässt sich erleichtert in den Fauteuil fallen. „Alles unter Dach und Fach. Und alles so, wie wir es uns erträumt haben.“ Soeben haben er und sein neuer Geschäftspartner, der Tiroler Großkonzertveranstalter Alfred Schmid, in Moskau die letzten Details ausverhandelt. Nun ist es fix: Die russischen Fußballfans werden in Innsbruck einen eigenen Anlaufpunkt, gleichsam eine eigene inoffizielle Fanmeile haben. Im riesigen umgebauten Holzwerk des Hafenveranstaltungszentrums in Innsbruck West werden Troscher und Schmid zehn Tage lang ein auf den russischen Geschmack zugeschnitztes Eventprogramm anbieten.

Schmid, der Besitzer des Zentrums, und sein in Moskau lebender Compagnon Troscher haben dafür einen mächtigen russischen Kooperationspartner an Land gezogen: den noblen Szeneclub RAI, in dem das Who is Who Moskaus verkehrt. Das Showprogramm des RAI (was im Russischen so viel wie „Paradies“ bedeutet) wird für den Zeitraum von 9. bis 19. Juni von der Moskwa an den Inn transferiert. Und damit dies nicht zu bescheiden ausfällt, hat Troscher auch gleich noch einen potenten russischen Sponsor aufgetrieben: den Immobilienentwickler Mirax.

Der Petersburger Developer gehört zu den Branchenführern auf dem boomenden russischen Immobilienmarkt. Für Innsbruck will Mirax tief in die Tasche greifen: „Wir haben drei unterschiedlich teure Veranstaltungsprogramme vorgelegt“, sagt Troscher, der seit November am Meilenkonzept arbeitet. „Mirax hat sich für das teuerste entschieden. Der Club wird Mirax-RAI-Club heißen“. Mirax und RAI wollen unter anderem einen ganzen Tross von Go-go-Tänzerinnen nach Innsbruck chartern, als DJ beim Opening ist der französische Spitzen-DJ David Guetta im Gespräch.

Veranstalter Schmid kümmert sich seinerseits um die Gastronomie und gestaltet das Programm am Veranstaltungsareal außerhalb des Clubs. 3500 Leute pro Abend erwartet er sich. „Lunch im Gastgarten, Grillen als gemütlicher Teil. Darüber hinaus Businesszentrum, VIP-Zone – wir wollen alles bieten“, sagt Schmid. Vor allem VIP und Geschäftsanbahnungen haben es ihm angetan: „Firmenkontakte sind ein wichtiger Teil unseres Konzeptes“, so Schmid.

Party machen um 5000 Euro

Innsbruck muss sich auf mindestens 20.000 russische Fans gefasst machen, schätzen die österreichischen Behörden und der Österreich-Tourismus. Was bedrohlich klingt, ist im Grunde verheißungsvoll. Denn kommen werden jene 25- bis 50-jährigen Mittel- bis Gutverdiener, die imstande sind, die etwa 5000 Euro für Tickets, Flug, Hotels, Parties usw. zu berappen. „Die Klientel, die hierher kommt, braucht eine adäquate Bedienung“, sagt Troscher: „Die Leute sind in Ausgeberlaune, wenn ihnen Entsprechendes geboten wird und sie nicht das Gefühl haben, dass man sie linkt.“

Wieweit sich hochrangige russische Politiker und Oligarchen zur EM verirren, ist bislang Spekulation. Der zweitreichste Russe Roman Abramowitsch, regelmäßiger Kurgast in Tirol, soll sich angesagt haben. Der Metallurgiemilliardär Michail Prochorow – gelegentlicher Besucher des Moskauer RAI-Clubs – ebenso. Gemunkelt wird auch über einen Besuch des Bankenhais Rustam Tariko.

Und für Noch-Kremlchef Wladimir Putin wurde angeblich eine Unterkunft in Seefeld bereits auf Sicherheitsstandards geprüft.

IN ZAHLEN

Zur EM werden in Innsbruck mindestens 20.000 russische Fans erwartet, vor allem Mittel- bis Gutverdiener zwischen 25 und 50 Jahren. Die Veranstalter der Russen-Fanzone rechnen mit 3500 Gästen an jedem Abend. Russland spielt in Innsbruck am 10. und 18. Juni, Gegner sind Spanien und Schweden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.05.2008)

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