Justiz inoffiziell. Die Spitze der wichtigsten Anklagebehörde Österreichs wird neu besetzt. Im Rennen: zwei Frauen und ein Mann.
Am Freitag, 24 Uhr, endet die Bewerbungsfrist für eine Topposition in der Justiz. Die Rede ist von der Spitze der Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien. Diese entscheidet über „berichtspflichtige Vorhaben" aller in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland liegenden Staatsanwaltschaften. Wenn also ein Staatsanwalt vorhat, in einem großen, öffentlichkeitswirksamen Verfahren Anklage zu erheben, muss er die OStA fragen. Diese prüft den Akt und leitet ihn inklusive entsprechender Würdigung an den Justizminister weiter. Aktuelles Beispiel: Derzeit prüft die OStA Wien das kolportierte „Vorhaben", Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und 17 andere Personen in Sachen Buwog und Co. anzuklagen.
Allerdings: Die Leitung der OStA Wien ist seit dem Wechsel von Werner Pleischl an die Spitze der Generalprokuratur unbesetzt (die Prokuratur ist jene „Rechtshüterin", die dem Obersten Gerichtshof bei der Bearbeitung von Nichtigkeitsbeschwerden beratend zur Seite steht). Aber zurück zur OStA: Ihre Geschicke leitet derzeit Michael Klackl, einst Pleischls Stellvertreter. Ob Klackl bald ganz an die Behördenspitze klettert, ist offen. Laut „Presse"-Informationen bewirbt er sich um den Job. Doch zwei Spitzenjuristinnen und Mitbewerberinnen könnten ihm den Rang streitig machen: Maria-Luise Nittel und Ilse Maria Vrabl-Sanda. Nittel ist Chefin der Staatsanwaltschaft (StA) Wien, Vrabl-Sanda führt die Korruptionsstaatsanwaltschaft.
Für beide Interessentinnen spricht, dass auch sie schon in der OStA tätig waren - beide waren nämlich bereits OStA-Vizeleiterinnen. Nittel ist dienstälter. Daher stehen ihre Aktien an der seit Wochen brodelnden Spekulationsbörse am höchsten. Doch noch ist buchstäblich nicht aller Tage Abend. Auch ein Last-minute-Bewerber (etwa ein hoher Beamter aus dem Justizressort) ist nicht ausgeschlossen.
Sollte Nittel das Rennen machen, wäre die StA-Wien-Spitze leer. Damit könnte ihr derzeitiger Stellvertreter, Gerhard Jarosch, avancieren.
War's das dann? Mitnichten. Schon Ende 2015 geht Pleischl in Pension. Nachfolgen könnte ihm der jetzige Prokuratur-Vize, Franz Plöchl. Plöchl sitzt derzeit im Weisenrat von Justizminister Wolfgang Brandstetter. Sollte er wirklich Leiter der Prokuratur werden, ist nicht klar, ob er im Weisenrat bleibt. Wenn nicht, würde sich das Personalkarussell wieder drehen.
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 11. Juli 2014)