Grippemasken und Tamiflu als Ladenhüter

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Von der Vogelgrippe ist keine Rede mehr, die Millionen Schutzmasken, die der Bund um 4,5 Millionen Euro gekauft hat, gibt es immer noch. Und niemand will sie haben, auch die Gemeinden nicht.

WIEN. „Eine Schnapsidee.“ Der Kommentar von Helmut Mödlhammer, der ansonsten in zurückhaltendem Polit-Jargon formuliert, ist ungeahnt direkt. Der Präsident des Österreichischen Gemeindebundes und VP-Bürgermeister von Hallwang in Salzburg, kann am Vorstoß des Gesundheitsministeriums rein gar nicht Gutes finden, Schutzmasken den Gemeinden anzubieten.

Kurzer Rückblick: Im Winter und Frühjahr 2006 hat unter Österreichs Vögeln Vogelgrippe grassiert. An dieser Krankheit sind in Asien, insbesondere China und Indonesien sowie in Afrika auch Dutzende Menschen gestorben. Sie hatten direkten Kontakt mit infizierten Tieren, Millionen wurden geschlachtet. Experten befürchteten damals, dass sich der äußerst aggressive und langlebige Krankheitserreger, das Virus H5N1, verändern und dann auch von Mensch zu Mensch übertragen werden könnte.

Gemeinden zeigen Bund kalte Schulter

Vor diesem Hintergrund hat die damalige Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat (VP) mit Herstellern von Grippeschutzmasken einen Deal abgeschlossen: Masken wurden im Handel zu Sonderkonditionen angeboten; das Ministerium sicherte eine Mindestabnahmemenge zu.

Die Masken wurden auf Teufel komm raus produziert – und blieben ein Ladenhüter. Der Bund musste einspringen. Die Argumentation der Ministerin, im Falle einer Grippewelle könne die Ansteckungsgefahr durch die Masken verringert werden, blieb unerhört. Das änderte sich auch nicht, als die Ministerin mit Schutzmaske vor dem Gesicht vor die laufenden Kameras trat. Bloß 50.000 Masken wurden verkauft, fast neun Millionen erwarb schließlich das Ministerium. Kostenpunkt: 4,5 Millionen Euro.

Seit mehr als zwei Jahren lagern nun diese Masken in Lagern in Bischofshofen und Saalfelden in Salzburg, nun hofft das Ministerium, dass der verfahrene Karren wieder flott gekriegt wird. Hubert Hrabcik, Generaldirektor für die öffentliche Gesundheit und Sektionschef im Gesundheitsministerium, hat nach langem Hin und Her mittlerweile Briefe an die Bundesländer schreiben lassen. Es gehe darum, jeder Gemeinde „zur Kenntnis zu bringen“, dass Schutzmasken abholbereit seien – zum Nulltarif. Und: Das Ministerium warte auf ein Konzept der Länder, wie die Masken in die Gemeinden transportiert werden sollen.

Das scheinbare Schnäppchen hat jedoch einen Haken: Die Transportkosten sind von den Ländern oder von der jeweiligen Gemeinde zu zahlen. Und zur Sicherheit bereitet der Bund schließlich auch noch vor, das Eigentum an den Masken den Bundesländern zu übertragen.

„Eine Schnapsidee“

„Ich will keiner Gemeinde vorgreifen“, sagt vor diesem Hintergrund Helmut Mödlhammer. „Aber der Gemeindebund wird sicherlich keine Empfehlung abgeben, diese Masken einzulagern. Das ist eine Schnapsidee.“ Der VP-Politiker plädiert dafür, diese Masken Bauarbeitern zu geben; und für seine Gemeinde steht die Entscheidung jedenfalls schon fest: „Ich brauche diese Masken jedenfalls nicht.“

Schon einmal haben viele Gemeinden mit einem deutlichen „Nein“ geantwortet: damals, als sie eingeladen wurden, sich am begünstigten Einkauf des Grippemittels „Tamiflu“ zu beteiligen. Bundesländer und Bund haben jedoch für Millionen Euro dieses Medikament gekauft (nachdem eine entsprechende Bevorratung in Pandemieplänen der Länder und des Bundes festgeschrieben worden ist).

Seither lagern diese Medikamente – ebenfalls in Salzburg. Bedingung für den vergleichsweise günstigen Preis des Pharmakonzerns Roche war die ausschließliche Anwendung dieses Medikaments im Fall eines Grippe-Massenausbruchs.

Auf einen Blick

■Mit Gesichtsmasken wollte die damalige Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat der Vogelgrippe ein Schnippchen schlagen. Der Massenausbruch der Vogelgrippe blieb aus, die Masken blieben – und sind nach wie vor ein Ladenhüter, die in zwei Lagern in Salzburg gebunkert werden. Niemand will sie haben, auch gratis nicht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.07.2008)

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