Die Wölfe sind da – und sie werden mehr

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Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis sich Jungtiere auch in Österreich finden und ein neues Rudel gründen. Landwirte stehen der Wolfansiedelung kritisch gegenüber.

Wien. Der Wolf, der in Österreich Ende des 19. Jahrhunderts ausgerottet wurde, ist gerade dabei, sich hierzulande wieder anzusiedeln. Aktuell spricht Christina Reisenbichler vom WWF Österreich im Gespräch mit der „Presse“ von fünf Wölfen, die in den letzten Jahren durch Österreich gezogen sind.

Bisher ist der Wolf bei uns, salopp formuliert, eher auf der Durchreise. Immer wieder werden Wölfe in Österreich, meist in Grenzgebieten gesichtet, die dann aber wieder abwandern. Reisenbichler: „Das kann sich schlagartig ändern, wenn zwei Jungtiere auf der Durchreise zueinanderfinden und beschließen, eine Familie zu gründen.“ Dann siedle sich nämlich ein neues Rudel an. In Österreich.

Das Land liegt im Fadenkreuz verschiedener Wolfspopulationen. Oft würden die Jungtiere lange Wanderungen auf sich nehmen, um ein neues Rudel zu gründen und sesshaft zu werden. So kommen Wölfe aus verschiedenen Wolfspopulationen nach Österreich. Aus den Karpaten, aus Deutschland und Polen, aber auch aus Slowenien und Kroatien wandern sie hierher. Insgesamt sei die Population der Wölfe in Europa seit Jahren im Ansteigen begriffen (siehe Grafik).

Keine Gefahr für Menschen

Es sei an der Zeit, die Bevölkerung über das Thema Wölfe aufzuklären. Das Image des Wolfs hat sich geändert. Auch die Gefahr durch Tollwut, die früher von Wölfen übertragen wurde, ist in Mitteleuropa nun gebannt. Der Wolf gilt heute als für den Menschen nicht gefährlich. Angriffe sind äußerst selten: In Deutschland etwa hat es trotz der steigenden Zahl an Wolfsrudeln keine Zwischenfälle gegeben.

Nachdem der Wolf per EU-Recht in der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH) geschützt ist, müsse man eine Neubesiedelung eben akzeptieren. Laut Gesetz dürfen Wölfe vom Menschen nicht in ihrem Lebensraum gestört, gefangen oder gar getötet werden. Die Handhabung des Gesetzes ist von Bundesland zu Bundesland verschieden. In manchen greife das Jagd-, in anderen das Naturschutzgesetz. In jedem Fall kommt es bei einem illegalen Abschuss aber zur Anzeige. Dabei können Geldstrafen verhängt werden – oder sogar Haftstrafen. In Österreich sind allerdings aktuell keine Abschüsse von Wölfen bekannt.

Es gibt jedoch ein anderes Beispiel, den Abschuss eines gleichfalls rechtlich geschützten Luchses aus dem Vorjahr. Dieser wurde im Nationalpark Kalkalpen geschossen. Die Polizei fand das Tier wenige Tage später bei einem Präparator. Die Jägerin wurde ausgeforscht und zu drei Monaten Haft auf Bewährung und zu einer unbedingten Geldstrafe von 2880 Euro und zusätzlich zu 12.101 Euro Schadenersatz an den Nationalpark verurteilt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Noch mehr Zäune

Auch Tierzüchter bereiten sich vor. „Es werden Herdenschutzmaßnahmen getroffen, um betroffene Tiere, wie Schafe und Ziegen, zu schützen“, sagt Martin Längauer von der Landwirtschaftskammer Österreich im Gespräch mit der „Presse“. Die Rahmenbedingungen hierfür seien aber alles andere als optimal. Es wäre eine echte Herausforderung, die Fläche für bis zu 1000 Tiere einzuzäunen. Auch eine Anschaffung von Hirtenhunden sieht Längauer problematisch, denn diese seien von Natur aus eher aggressiv und würden sich ausschließlich für die Bewachung der Herde eignen. Wohin dann mit dem Hund während der kalten Wintermonate?

Ein Problem stelle ebenso die Entschädigung im Fall eines gerissenen Schafs dar. Derzeit würden die noch geringen Schäden von Versicherungen gedeckt werden. Im Fall eines Zuzugs der Wölfe wäre dies aber wohl anders. Wer dann für etwaige Schäden aufkommt, ist noch offen.

AUF EINEN BLICK

Österreich. Vergangene Woche hat ein Wolf im Waldviertel vier Stück Damwild in einem Gehege gerissen. In Salzburg war zuletzt Anfang Jänner bei Hintersee ein Wolf aktiv. Rehe und eine Hirschkuh fielen dem Wolf zum Opfer. Das bestätigten DNA-Analysen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.02.2016)

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Im Südosten Europas finden sich Europas größte Wolfsrudel außerhalb Russlands. Auch Tschechien erobert der Wolf zurück, er dringt dort vor allem von Ostdeutschland her ein und wird geschätzt, weil er das Übermaß an Schalenwild dezimiert.

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