Den Schnee zum weißen Teppich bügeln

Mit dem Pistenbully durchs Skigebiet Hochzeiger im Pitztal. Interessierte können beim Präparieren 40 Minuten mitfahren. Anmeldung ist erforderlich, es gibt nur mehr wenige freie Termine. www. hochzeiger.com, www.pitztal.com
Mit dem Pistenbully durchs Skigebiet Hochzeiger im Pitztal. Interessierte können beim Präparieren 40 Minuten mitfahren. Anmeldung ist erforderlich, es gibt nur mehr wenige freie Termine. www. hochzeiger.com, www.pitztal.comJudith Kainz
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Je nach Schneefall, Windverfrachtung und Pistenzustand: Die Nächte im Pistenbully können lang werden. Im Skigebiet Hochzeiger im Pitztal darf man ein Stückerl mitfahren.

Wenn sich das Gefährt der Kante nähert, wird es auf dem Beifahrersitz doch etwas ungemütlich: Man sitzt sehr hoch in so einem Pistenbully – und sieht sehr tief. Die Schneedecke liegt gefühlte Meter weiter unten, und hinter der Kante scheint der Blick in den Abgrund, quasi ins Nachbartal zu kippen. Umgekehrt ist das Pistenbully-Beifahren auf weniger spektakulären Stellen als zu einer Bergkante auch eine vergnügliche Angelegenheit, schaukelig mitunter, auf jeden Fall flott, wendig und ergebnisorientiert. Eine der nicht allzu häufigen Gelegenheiten in Österreichs Skigebieten gibt es am Hochzeiger bei Jerzens im Pitztal, dreimal die Woche nach Betriebsschluss, die Nachfrage ist groß, es kostet den geneigten Beifahrer 45 Euro, Kinder 25.

Zum Einsatz am Ende eines Skitages, kurz nach 16 Uhr, starten die sechs Pistenbullies gemeinsam aus der Garage der Bergbahn. Seitlich versetzt walzen sie den ersten Hang hinauf, um sich dann weiter zu verteilen. In dem mittelgroßen Skigebiet sind 40 Kilometer Piste zu präparieren, ziemlich breite Hänge, die über der Baumgrenze liegen und durch ihre Exposition viel Sonneneinstrahlung haben – und so auch viel Pflege brauchen.

So steil kann ein Hang mittlerweile gar nicht sein, als dass ein moderner Pistenbully da nicht hinaufkäme. Bis zu 45 Grad Steilheit schafft so ein zwölf Tonnen schweres, vier Meter langes Trumm. Der Zirbenfall am Hochzeiger misst an seiner wildesten Stelle 80 Prozent, was einem Winkel von 39 Grad entspricht. Das ist die Piste, auf der der Pitztaler Benjamin Raich gern trainiert hat. Pistenbullies werden in steilem Gelände an einer Seilwinde angehängt, nicht nur der Sicherheit wegen, sondern auch, damit ihr Gewicht eine weichere Schneedecke nicht noch mehr belastet. Dass kein Skifahrer mehr auf der Piste unterwegs sein darf, wenn Pistenbullys an der Leine laufen, sollte klar sein.

Ein Skifahrer fragt sich vermutlich selten, welche Spuren er im Präparierten hinterlässt. Kann aber interessant sein, wie Blicke hinter die Kulissen, die Technikführungen bei der Bergbahn am Hochzeiger, zeigen. Am Ende des Tages muss hinter dem Pistensportler aufgeräumt werden: Kaum eine Schneeflocke liegt mehr dort, wo sie am Morgen war. Aufgeschichtet zu Buckeln und Mugeln, gepresst zu harten bis eisigen Platten, zusammengeschoben zu sulzigen Stegen baut sich die Schneedecke oft innerhalb eines Skitages in verspurtes Gelände um. Das ist allerdings erst die halbe Arbeit für die einheimische Mannschaft: Größere Volumina von Neuschnee müssen verteilt werden, die vorsorglich angelegten Reserven an technischem Schnee gut verteilt werden. Freie Flecken, die durch Wind und Wärme entstehen, sollten kompakt geschlossen werden. Und jede Stelle bearbeitet.

Die neue Generation der Pistengeräte – sie lösen bei den meisten eine ähnliche Faszination aus wie Traktoren oder extraschnelle Autos – ist technisch hochgerüstet. Software erlaubt dem Fahrer sozusagen in die Schneedecke hineinzuschauen. Sprich, eine Schneetiefenmessung auf Basis von Satellitendaten verrät ihm sehr genau, an welchem Punkt im organisierten Skiraum wie viel Schnee liegt. Wo was hin- und weggeschoben werden muss. Wo es keinen Einsatz braucht und sich dadurch etliche Liter Diesel sparen lassen. Oder doch noch nachgetankt werden muss. Pistenbullyfahren ist ein Job für Nachtaktive. Man sitzt allein in der Kabine. Oft schneit und weht es waagrecht. Und während sich die Piste in einen faltenfreien Teppich zurückverwandelt, spielt es auch Begleitmusik.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.02.2016)

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