Die obersteirische Gemeinde Vordernberg hat Interesse an Schubhaftzentrum.
GRAz. Ein Schubhaftzentrum als Hoffnungsträger: „Wir wollen neben dem Tourismus ein zweites Standbein und müssen jeden Strohhalm ergreifen“, argumentiert Vordernbergs Vizebürgermeisterin Monika Kaufmann (SP) den Wunsch ihrer Gemeinde nach dem umstrittenen Schubhaftzentrum in Südösterreich.
Während Innenministerin Maria Fekter (VP) in Vordernbergs Nachbargemeinde Leoben mit ihrem Werben für eine Ansiedlung des Zentrums weiterhin auf mehrheitliche Ablehnung stößt, wird sie in Vordernberg, knapp 20 Kilometer weiter nördlich, mit offenen Armen empfangen. Das Argument von 180 krisenfesten zusätzlichen Arbeitsplätzen, das in Leoben die dort regierende SPÖ nicht überzeugt (im Gegensatz zur örtlichen Wirtschaftskammer), wird bei den SP-Kollegen in Vordernberg gern gehört. Der ehemalige Bergbauort an der Südseite des Erzbergs hat seit Jahren mit einer massiven Abwanderung zu kämpfen.
Gab es Anfang des 20. Jahrhunderts noch 3000 Einwohner, in den 1970er-Jahren noch 2500, so ist die Einwohnerzahl auf mittlerweile 1100 gesunken.
Volksbefragung gefordert
Das Schubhaftzentrum sei da ein „Hoffnungsschimmer“, sagt Kaufmann. Sie hofft auf Zulieferaufträge beispielsweise für die Gastronomie oder eine Wäscherei. Montagabend hat man in einer Gemeinderatssitzung eine entsprechende Fläche am südlichen Stadtrand einstimmig umgewidmet. Der breite Konsens basiert auf einer 80-Prozent-Dominanz der SPÖ im Gemeinderat (zwölf Mandate von 15) und der Tatsache, dass der einzige FPÖ-Gemeinderat, Johann Weinberger, beruflich verhindert war. Er ist entsprechend der blauen Parteilinie grundsätzlich gegen ein Schubhaftzentrum in der Steiermark. „Schon allein, weil man es auch anderswo nicht haben will – warum dann ausgerechnet in Vordernberg?“, argumentiert er. Dass der Vorstoß in der Bevölkerung auf fruchtbaren Boden fällt, glaubt er ohnehin nicht.
Der Forderung des steirischen BZÖ-Chefs Gerald Grosz nach einer Volksbefragung kann der FPÖ-Mandatar deshalb einiges abgewinnen. SP-Vizebürgermeisterin Kaufmann will dagegen in der Bevölkerung Zustimmung erkannt haben. Gestern, Dienstag, wurden vormittags die örtlichen Vereinsobleute und Unternehmer informiert, am Abend dann die übrigen Vordernberger bei einer eilig einberufenen Bürgerversammlung.
Dass das Werben um das anderswo heftig abgelehnte Zentrum – beispielsweise musste sich in Eisenkappl in Kärnten der ebenfalls interessierte Bürgermeister einer ablehnenden Gemeinderatsmehrheit beugen – den politischen Fürsprechern bei der Gemeinderatswahl im kommenden März schaden könnte, glaubt Kaufmann nicht.
„Wir machen das bewusst jetzt und nicht nach der Wahl, weil es ehrlicher ist“, sagt sie, weiß aber: „Da gehört Mut dazu.“
("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.09.2009)