Der erzählte Berg, die möblierte Landschaft

Ländliches Idyll, gepflegt von den Mirnockbauern. Eine Etappe des Millstätter-See- Höhensteigs führt auf den Charakterberg Mirnock. Mehr zu Region und Route: www.millstaettersee.com
Ländliches Idyll, gepflegt von den Mirnockbauern. Eine Etappe des Millstätter-See- Höhensteigs führt auf den Charakterberg Mirnock. Mehr zu Region und Route: www.millstaettersee.com(c) Kärnten Werbung/Franz Gerdl
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Manche Plätze auf den Etappen des Millstätter-See- Höhensteigs sind landschaftlich inszeniert. Am Mirnock marschiert man vom Sternenbalkon zur Himmelsstiege. Wandern mit dem See im Blick.

Dass man dem Mirnock in der Gegend einen starken bis mystischen Charakter zuspricht, kann wahrscheinlich auch der pragmatische Wanderer nachvollziehen. Der etwas schräg zum Millstätter See gestellte Berg wirkt auf eine sanfte Art mächtig: Ganz oben endet der lang gezogene, baumlose Grat in einer grasigen Kuppe statt in einem wilden Gipfel (wie denn auch, wenn der Sage nach ein wildgewordener Mirnockriese so am Gipfel gerüttelt hatte, dass er ins Tal stürzte). Auf dem Almgrund glänzen hochmoorige Lacken, die wohl ebenfalls die Fantasie der Bewohner befeuert haben dürften. Sie hatten am Mirnock einen Lochvisierstein aufgestellt, durch den man den Gipfel anpeilt, man vermutet hier eine keltische Kultstätte. Den Wanderer verwundert auch die fünfstämmige Fichte, ein Naturdenkmal, nicht.

Alles schön rätselvoll und durchaus im Sinn des touristischen Storytellings wie der landschaftlichen Inszenierung: Auf den letzten Metern zum höchsten Punkt des Mirnocks (2110 m) wurden 30 Menhire aufgestellt, die man Scala Paradisi nannte – Himmelsleiter. Dass der Mirnock auf einer geomantischen Linie liegen und dass es hier Kraftorte geben soll, passt irgendwie ins Bild.

Evident ist die schöne Landschaft am Fuß des Bergs, gepflegt von den Mirnockbauern. Am Ausgangspunkt, beim Gasthof Bergfried in Gschriet, ragt eine Aussichtsplattform (Sternenbalkon) über die steile Wiese hinaus, mit einer Holzliege drauf, von der aus man über den See schauen kann. Taktisch ist es vielleicht unklug, hier schon die Motivation für die Wanderung auf den Mirnock zu verlieren, weil man gern auf dem lauschigen Platz Wurzeln schlagen möchte. Doch bis zum Gipfel sind es noch 1164 Höhenmeter, und besser man startet bald.

Mystisches Potenzial hat der Weg über den Waldsteig hinter dem gemütlichen Gasthof wenig (bis vielleicht auf die zahlreichen Schilder). Es geht mehr oder weniger steil bergauf, wobei man einmal den Kneippweg und immer wieder einmal eine Forststraße quert, von der man sich nicht in die Irre führen lassen sollte. Man passiert Ameisenhügel und ein paar Pilze und ist sonst ziemlich allein auf weiter Flur. Das erste Erweckungserlebnis kommt, sobald sich der Waldgürtel lichtet und die Fichtennadeln dem Almboden weichen: Die Aussicht ist einfach grandios. Erstaunlich, wie nah einem der Millstätter See da unten vorkommt. Im kalten, klaren Herbstlicht schaut es fast so aus, als könnte man vom Berg die Wellen in dem glitzernden tiefblauen See zählen. Nach Westen bauen sich die Hohen Tauern auf, manche Zacken sind schon schneebedeckt. Das sensationelle Panorama leistet einem in den nächsten Stunden Gesellschaft, recht gleichförmig geht es über die kargen Almwiesen dahin. Jeder Jausenplatz erscheint einem durch einen noch schöneren überboten. Man könnte die Strecke wieder zurückgehen, aber spannender ist hier der Weg über Mooswald und das Gasthaus Klammer, mit Kondition bis zum Strandbad Ferndorf, wo die Etappe vier des Millstätter-See-Höhensteigs endet.

Wobei Höhensteig nicht ganz so eng gedacht ist: Manche Etappen gehen recht eben dahin wie jene entlang des kaum verbauten Nordufers des Millstätter Sees. Und manche der acht Abschnitte führen recht locker um das tiefste Gewässer Kärntens, einige machen sogar Exkurse: etwa auf den Großen Rosennock, den höchsten und ruppigsten Gipfel der Nockberge. Oder im Süden auf das Goldeck, den Skiberg der Spittaler. In Summe wären das 200 Kilometer, dividiert in anspruchsvolle Tageseinheiten, bei denen man oft ziemlich viele Höhenmeter macht. In Summe sind es 6000, die man selten bei einem Aufenthalt in der Region absolviert, sondern stückelt. Ausgerüstet sind die Routen mit Hütten, Gasthöfen und Quartieren – und manchmal auch einem Steintisch oder Granattor.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.10.2016)

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