Italiens „gastronomischer Rassismus“

Verbot für Ethno-Lokale in Stadtzentren, Kreuzzug gegen Fast Food in Venedig.

WIEN (eko/red). Die gastronomische Tradition muss geschützt werden – so argumentierte man vergangenes Jahr in der toskanischen Stadt Lucca, als der Gemeinderat die Eröffnung von Ethno-Lokalen im mittelalterlichen Zentrum untersagte. Und – so eine weitere Vorschrift zum Schutz der heimischen Küche – jedes Restaurant muss mindestens ein typisches Gericht aus der Region anbieten.

Ein regelrechter „Kebab-Krieg“ – so bezeichnete es die italienische Presse – war die Folge des von der Mitte-rechts-Koalition gefassten Gemeinderatsbeschlusses. „Gastronomischen Rassismus“ warfen die Mitte-links-Opposition und Migrantenverbände der Stadtverwaltung vor. Italienische Starköche meldeten sich zu Wort, dass Italiens Küche schon immer von fremden Kulturen beeinflusst worden sei. Die auch als Freilichtmuseum der Toskana bezeichnete Stadt beließ es allerdings nicht bei der Gastronomie, auch „Sexy Shops“ im mittelalterlichen Stadtkern schob man per Gemeinderatsbeschluss einen Riegel vor.

Nicht nur eine Stadt, sondern gleich eine ganze Region startete kurz darauf einen ähnlichen kulinarischen Kreuzzug zum Schutz der lokalen Gastronomie. Die Regionalregierung, an der die separatistische Lega Nord maßgeblich beteiligt ist, erließ ein Verbot des Verzehrs von Fast Food auf der Straße.

Schmutz und Architektur

Zuletzt ließ auch Venedig mit einem Kampf gegen Fast Food aufhorchen. Vergangenen Dezember untersagte der Gemeinderat die Eröffnung neuer Schnellimbisse. Begründung: Kebabstand und Burgerbude würden immer häufiger typisch venezianische Lokale aus der Innenstadt verdrängen. Außerdem würde sich die bunte Aufmachung der Stände und Restaurants nicht mit der Architektur der Stadt vertragen. Und schließlich, so ein weiteres Argument, verschmutzten die Touristen mit den Verpackungen von Pizzaschnitten und Burgern die Stadt.

Aber es ist nicht nur Italien, das seine Probleme mit Kebab&Co. hat. Auch in Deutschland ist man nicht überall mit dem türkischen Imbiss glücklich. So beschlossen etwa vergangenen März die Stadtväter von Augsburg ein Verkaufsverbot für Döner in den Nachtstunden – von ein bis fünf Uhr Früh darf kein Döner mehr verkauft werden, um so Probleme mit Müll und Lärm auf der Straße in den Griff zu bekommen.

In der Studentenstadt regnete es heftige Proteste – bisher ohne Erfolg. Allerdings: Seit gestern, Freitag, befasst sich der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit dem Fall. Und sollten die Richter zum Entschluss kommen, dass das Dönerverbot nicht rechtmäßig und angemessen ist, könnte es das nächtliche Verkaufsverbot wieder zu Fall bringen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.01.2010)

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