Ob Paul Bocuse der beste oder „nur“ der wichtigste Koch war, darüber lässt sich streiten. Fest steht, dass er der Branche ein neues Selbstwertgefühl gegeben hat. Ohne ihn gäbe es heute keine kochenden Superstars.
Man stelle sich vor, der österreichische Innenminister, Herbert Kickl, tritt vor die versammelte Presse und verkündet den Tod des größten Kochs des Landes, der weit mehr als das ist: ein Nationalheiliger, um den nicht nur das Land, sondern fast die ganze Welt trauert. Der Regierungschef, Sebastian Kurz, sieht sich dazu veranlasst, die trauernde Nation zu trösten, und würdigt die „Inkarnation der österreichischen Küche“. Undenkbar? In Frankreich – wo der kürzlich verstorbene Paul Bocuse von offizieller Staatsspitze ebenso gewürdigt wurde – ist das hingegen ganz normal.
Der Vergleich mag hinken – leider, möchte man meinen. Denn einen derart hohen Stellenwert, wie die Franzosen ihrer Küche einräumen, hat hierzulande vielleicht die Musik. Die Köche aber werden nicht annähernd so geschätzt. Die österreichische Küche ist nicht immaterielles Weltkulturerbe der Unesco. Hier werden nicht die besten Köche des Landes für einen Staatsempfang engagiert. Es gibt keinen Wettbewerb für Bäcker, deren Sieger die Hofburg beliefern darf. Und es gibt auch keinen „Papst der österreichischen Küche“, der mit Stolz seine Uniform trägt, die aus blütenweißer Kochweste mit eingesticktem Namen und Kragen in den Farben der Nation, einer turmhohen Kochmütze und einem Orden für den besten Handwerker des Landes um den Hals besteht.