Westenthaler: "Als hätte ich die Million raffgierig eingesteckt"

Schwarzer Tag für Ex-FPÖ-Klubobmann Peter Westenthaler: Ein Drei-Richter-Senat schickte ihn für acht Monate hinter Gitter.
Schwarzer Tag für Ex-FPÖ-Klubobmann Peter Westenthaler: Ein Drei-Richter-Senat schickte ihn für acht Monate hinter Gitter.(c) APA/HERBERT PFARRHOFER
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Durch eine dramatische Schlussrede versuchte der Ex-FPÖ/BZÖ-Politiker Peter Westenthaler (50), seine Strafe so gering wie möglich zu halten. Doch zwei Jahre Haft, zwei Drittel davon auf Bewährung, blieben ihm nicht erspart.

Wien. Es geht um die zweckwidrige Verwendung einer Million Euro Fördergeld – Geld, das für den Fußballnachwuchs bestimmt war. Und um 300.000 Euro für das BZÖ. Also um die beiden Punkte, in denen Peter Westenthaler seit Oktober rechtskräftig verurteilt ist. Aber wie sieht die Strafe aus? Gelingt es dem Exmandatar, dem Gefängnis zu entgehen? Das fragen (sich) alle, Dienstagmorgen im Justizpalast. Die – ja, auch exemplarische – Antwort der Richter folgt prompt: Nein, ganz ohne Gefängnis geht es einfach nicht.

Peter Westenthaler, einst FPÖ-Klubobmann, später BZÖ-Chef, fasst zwei Jahre Haft aus. Zwei Drittel dieser 24 Monate werden bedingt ausgesprochen, also auf Bewährung. Ein Drittel jedoch wird unbedingt verhängt. Nicht nur das: Der Drei-Richter-Senat des Oberlandesgerichts Wien (Vorsitz: Anton Baumgartner) setzt fest, dass Westenthaler mindestens die Hälfte des achtmonatigen Strafteils, also vier Monate, in einer Haftanstalt absitzen muss.

Erst dann kann der 50-jährige gebürtige Wiener beim Gefängnisdirektor einen Antrag auf Wechsel in den Hausarrest stellen. Somit wartet der Mann, dessen politische Karriere Ende der 1980er-Jahre als Mitarbeiter von FPÖ-Bundesparteichef Jörg Haider begonnen hat, nun auf Post von der Justiz. Auf die Aufforderung zum Haftantritt.

Psychische Belastungen

Genau diese Entwicklung hat Westenthaler bis zur letzten Minute verhindern wollen. In einer dramatischen Rede, der auch die Ehefrau und die erwachsene Tochter des ehemaligen Mandatars mit sorgenvollen, ja bestürzten Mienen folgen, schildert dieser die „psychischen Belastungen“ der vergangenen sieben Jahre. So lange hat das Strafverfahren gedauert.

Dieses Verfahren – eine erste Prozessrunde endete mit einem Freispruch, dieser wurde aber aufgehoben – habe fatale „familiäre Auswirkungen“ gehabt. Seine Schwester, die sich ihrerseits sehr intensiv mit dem Verfahren auseinandergesetzt habe, habe sich eines Tages „zu viel aufgeregt“. Westenthaler: „Sie hat einen Infarkt erlitten und ist in meinen Armen gestorben.“ Die Richter nehmen dies mit regungslosem Ernst zur Kenntnis. Der Ex-Politiker emotional: „Mein Berufsleben in der Politik ist zerstört. Auch in der Privatwirtschaft konnte ich nicht Fuß fassen.“ Das sei sehr hart.

Einst saß Westenthaler sowohl für die FPÖ als auch für das BZÖ im Nationalrat. Zur Zeit der Regierung Schüssel fungierte er zeitweise als Vize-FPÖ-Bundesparteiobmann (die Obfrau hieß damals Susanne Riess-Passer). Längere Zeit nach seinem Ausstieg aus der Politik gründete der Mann, der als BZÖ-Chef die Abschiebung von 300.000 Ausländern gefordert hatte, eine Immobilienfirma. Das war 2013. Kurz nach dem Start sei in den Medien groß über die damals fertige Anklage berichtet worden. „Das war eine brutale Vorverurteilung. Die Aufträge meiner Firma wurden storniert.“ Dann habe er lernen müssen, „14 Monate lang ohne einen Cent Einkommen“ zu leben. Sein Erspartes habe er aufbrauchen müssen. Die Kosten des Strafverfahrens würden 250.000 Euro ausmachen.

Politische Hilfe für die Liga

Apropos Verfahren, hier noch einmal die im rechtskräftigen Urteil enthaltenen Vorwürfe: Schwerer Betrug: Als Vorstand der Fußballbundesliga („Die Liga hat mich geholt, damit ich ihr mit meinen politischen Kontakten helfe“) hat Westenthaler gemeinsam mit dem Vorstand K. (51) eine Million Euro zweckwidrig, nämlich zur Schuldentilgung der Liga, nicht zur Förderung junger Spieler, verwendet. Das sei nicht wahr, wiederholt nun Westenthaler (Verteidiger: Thomas Kralik) – wissend, dass am Schuldspruch nicht mehr zu rütteln ist. „Das ist ein Vorwurf, als hätte ich die Million raffgierig in die eigene Tasche gesteckt.“

Zweiter Punkt: Beteiligung an der Untreue: Im Wahlkampf 2006 veranlasste der Expolitiker, dass die BZÖ-Agentur Orange eine Scheinrechnung an die Österreichischen Lotterien legte. Somit konnten 300.000 Euro zugunsten des BZÖ fließen. Auch hier will Westenthaler schuldlos sein.

Die Vertreterin der Korruptionsstaatsstaatswaltschaft, Barbara Schreiber, erklärt nun vor Festsetzung der Strafe ein letztes Mal in drastischen Worten, warum die Strafe, die in erster Instanz gefunden worden ist, nun erneut gefällt werden solle. Somit spricht sich Schreiber für eine Sanktion im Ausmaß von zweieinhalb Jahren aus. Zwei Jahre, also eine halbes Jahr weniger, werden es schließlich. Die Reduktion erfolgt wegen der langen Verfahrensdauer. Schwer atmend, hinter ihrem Pult auf und ab gehend, erklärt Schreiber in Sachen Bundesliga-Affäre: „Der besondere Unwert der Tat besteht darin, dass Ingenieur Westenthaler seine politischen Beziehungen missbraucht hat.“ Bevor der Nationalrat das Gesetz zur Ausschüttung einer Fördermillion beschlossen habe, „machte Westenthaler seinen Einfluss geltend“.

„Seine Kontakte genutzt“

Ähnlich sieht dies der Richter: Westenthaler habe „seine Kontakte als Expolitiker genutzt“. Eine gänzlich bedingte Strafe komme daher nicht infrage.

Der Verurteilte verlässt wortkarg den Justizpalast.

Ist da noch jemand? Ach ja: Ex-Bundesliga-Vorstand K. (Verteidigung: Michael Dohr). K. erhält wegen der Fußball-Million ein Jahr bedingte Haft. Was das Interesse an seiner Person angeht, steht er (und darüber ist er nicht böse) im Abseits.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.03.2018)

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