Kindesmissbrauchs-Prozess in Wien: Haftstrafen für Eltern und einen Mittäter

Die Angeklagten am Montag im Gerichtssaal
Die Angeklagten am Montag im GerichtssaalAPA/GEORG HOCHMUTH
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Prozess. Ein Vater gestand, seine beiden Kinder schwer sexuell missbraucht zu haben. Der 28-Jährige ermöglichte auch anderen Männern diverse Sexualstraftaten.

Das Interesse der Öffentlichkeit war so groß, dass Richterin Nina Steindl am Montag mit dem Prozess in einen größeren Verhandlungssaal übersiedelte. Die Zuschauerränge waren voll besetzt. Vielen war Fassungslosigkeit in Gesicht geschrieben. Auf der Anklagebank: ein Wiener Elternpaar, er 28, sie 29 Jahre alt, und ein 41-jähriger Mann aus Tirol. Der Hauptvorwurf: schwerer, wiederholter Kindesmissbrauch. Weitere Vorwürfe: Pornografische Darstellungen Minderjähriger und Missbrauch eines Autoritätsverhältnisses. Letztlich wurden alle drei Angeklagten zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.

Am öftesten war es zu schweren sexuellen Angriffen auf die eigenen Kinder des Paares, also auf ein Mädchen und einen Buben, gekommen. Das Mädchen wurde erstmals im Alter von zwei Monaten zum Opfer. Heute ist das Mädchen acht Jahre alt. Der Bub ist sechs Jahre alt. 

Als Haupttäter war nun der Vater angeklagt. Er soll die Triebfeder gewesen sein. Und gibt das auch zu. Der Mutter wurde zum Vorwurf gemacht, von den Missbrauchshandlungen gewusst – und diese zugelassen zu haben. Sie selbst bekannte sich aber nicht schuldig.

Zwei andere Männer kamen in die Wohnung

Dem Mann aus Tirol, einem Landwirt, und einem weiteren Mann, einem 61-Jährigen aus Frankfurt, sollen die Kinder des Paares gezielt zugeführt worden sein. Tatorte waren zuerst die elterliche Wohnung, dann – nach der Scheidung des Paares – die Wohnung des Vaters in Wien-Favoriten.

Der 28-Jährige verfügte über eine technische Ausstattung, die sowohl Computer als auch Foto- und Filmkameras umfasste. Somit konnte der Mann kinderpornografisches Material, nämlich hunderte Fotos und Videos, produzieren.

Im Darknet (verborgener Teil des Internets, der nur mit spezieller Software bzw. unter Verwendung eines Tor-Netzwerks zugänglich ist) stellte der 28-Jährige die Abbildungen auf einer Kinderporno-Plattform zur Schau. Ermittler des deutschen Bundeskriminalamts hatten diese voriges Jahr geknackt und stillgelegt. Betreiber der Plattform war ein 39-jähriger Mann aus Hessen.

U-Haft in Frankfurt

Außer dem Mann aus Frankfurt, der derzeit ebendort in U-Haft sitzt, wurden in Deutschland mehrere andere Verdächtige ausgeforscht. Etliche Opfer konnten identifiziert und damit vor weiteren Angriffen gerettet werden.

Den Österreich-Ableger der Plattform konnten Ermittler auch deshalb "knacken", weil auf den im Darknet kursierenden kinderpornografischen Aufnahmen die Gesichter der Opfer zu erkennen waren.

Wiener Fahnder hatten Volksschulen aufgesucht und waren dabei auf eine Lehrerin gestoßen, die die Tochter des 28-jährigen als eine Schülerin erkannte. So flog der Fall auf.

Staatsanwalt Gerd Hermann, ein erfahrener Ankläger, der nicht gerade für verbale Übersteigerungen bekannt ist, verglich die diversen Missbrauchshandlungen am Montag beim Prozess wörtlich mit Szenen „wie in einem Horrorfilm.“ Außer den eigenen Kindern hatte der 28-jährige – teils mit dem Tiroler, teils mit dem Mann aus Frankfurt – auch fremde Kinder missbraucht. Zudem hatte er Nacktfotos von weiteren Opfern angefertigt. Zum Teil hatte der Vater auch am WC seiner Wohnung mit versteckter Kamera Kinder gefilmt.

"Ich bin krank"

Der 28-Jährige gestand im wesentlichen sämtliche Vorwürfe. Er sei „krank“, fügte er an. Und: "Ich hatte danach immer ein schlechtes Gewissen." Seine Tochter habe geschwiegen, weil er ihr eingebläut habe: "Sag nichts, sonst muss ich ins Gefängnis!"

Seine geschiedene Frau nahm er in Schutz. Diese habe nichts mitbekommen. Doch der mitangeklagte Tiroler belastete die Frau schwer: „Ich war mir hundert Prozent sicher, dass die Frau bescheid weiß.“ Denn einmal sei die Frau ins Zimmer gekommen, als er und der Sohn der Frau in einer intimen Situation gewesen seien. Die Frau habe nur die Augen gerollt und habe sich wieder zurückgezogen.

Auch der Tiroler Landwirt legte ein Geständnis ab. Für Diskussionen sorgte die Tatsache, dass dieser Mann bereits zwei einschlägige Vorstrafen hat. Verhängt vom Landesgericht Innsbruck (2003) und vom Landesgericht Eisenstadt (2012). Die Innsbrucker Strafe (zwei Jahre teilbedingte Haft, wobei auch das unbedingte Strafdrittel später in eine Bewährungsstrafe umgewandelt wurde) war wegen sexuellen Missbrauchs und Kinderpornografie ergangen; die Eisenstädter Strafe (ein Jahr bedingt) wegen Kinderpornografie. In Eisenstadt hatte der Mann zudem auch 4320 Euro Geldstrafe erhalten. 

Einschlägige Vorstrafen ja, Gefängnis nein

Schon früher habe der Mann „mehrere Opfer“ missbraucht, erklärte die Richterin zum Vorleben des Mannes. Dafür hatte er aber eben nur bedingte Haftstrafen erhalten. Das Gefängnis blieb ihm also erspart.

Psychotherapien musste er aber sehr wohl machen. Die Richterin: "Wieso helfen die Therapien bei Ihnen nichts?“ Antwort: Für einige Jahre würden diese sehr wohl helfen. Aber eben nicht dauerhaft.

Der Staatsanwalt beantragte nun hinsichtlich der beiden angeklagten Männer - zusätzlich zu einer Bestrafung - eine Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher. Laut einem psychiatrischen Gutachten bestehe bei beiden ein "hohes Risiko", dass sie weitere einschlägige Taten begehen könnten.

Die Kinder des Paares sind laut einem Gutachten derart schwer traumatisiert, dass ihre psychiatrische Beeinträchtigung den Krankheitswert einer schweren Körperverletzung hat. Beide Kinder leben bei der Mutter. Das Jugendamt ist darüber informiert.

Auch Einweisung in Anstalt beschlossen

Nach der Urteilsberatung des Schöffensenats verkündete die Senatsvorsitzende Nina Steindl mehrjährige - diesmal sehr wohl unbedingte - Haftstrafen: Der Vater erhielt 14 Jahre Gefängnis. Der Mann aus Tirol zwölf Jahre. Die Mutter bekam sieben Jahre Haft. Bei den beiden Männern erging zusätzlich der Beschluss auf Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher.

Hinsichtlich der Mutter mahnte die Richterin: "Sie haben als Mutter die Verpflichtung, ihre Kinder lebenslänglich zu schützen. Aber Sie haben nichts dagegen unternommen." Die Mutter fragte zuletzt: "Was wird aus mir im Gefängnis?"

Der Vater nahm die Strafe an. Der Komplize und die Frau erbaten drei Tage Bedenkzeit. Auch der Staatsanwalt erbat Bedenkzeit.

Laut Urteil sind insgesamt 13 Kinder zu Opfern geworden.

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