Geförderter Wohnbau in Innsbruck: Grüner Bürgermeister Georg Willi fordert Volksbefragung

Georg Willi
Georg WilliThomas Steinlechner
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In der Debatte um sogenannte Vorbehaltsflächen für günstige Wohnungen in Innsbruck will Bürgermeister Georg Willi nun die Bevölkerung befragen. Bei einem Sondergemeinderat am kommenden Montag soll darüber entschieden werden.

Die Fakten liegen auf dem Tisch: Innsbruck ist die am schnellsten wachsende und gleichzeitig topografisch kleinste Landeshauptstadt mit nicht weniger als 35.000 Studierenden – bei gut 125.000 Einwohnern. Dementsprechend teuer wohnt man hier – vergangenes Jahr hat Innsbruck bei den Mieten als erster Ort Österreichs die Marke von 16 Euro pro Quadratmeter im Mittelwert (Median) geknackt hat.

Nirgendwo sind die Mieten höher. Zum Vergleich: In Wien, der zweitteuersten Stadt, liegt der Median bei 14,90 Euro, gefolgt von Salzburg mit 14,40 Euro. Eine Entspannung ist nicht in Sicht, weswegen Bürgermeister Georg Willi (Grüne) als Gegenmaßnahme die Möglichkeit sogenannter Vorbehaltsflächen nutzen will. Das bedeutet: Baugrund, der größer ist als 3000 Quadratmeter und seit mindestens 15 Jahren nicht bebaut wurde, wird zur Vorbehaltsfläche erklärt.

416 Euro pro Quadratmeter

Wenn sich der Eigentümer dann zum Verkauf dieser Flächen entschließt, muss er die Hälfte davon um 416 Euro pro Quadratmeter an die Stadt oder einen gemeinnützigen Wohnbauträger verkaufen und damit dem geförderten Wohnbau zur Verfügung stellen – die andere Hälfte darf er weiterhin zu marktüblichen Preisen (in Innsbruck mittlerweile weit mehr als 1000 Euro) veräußern. Sollte er nicht verkaufen wollen, wird das Bauland nach weiteren zehn Jahren automatisch zu Freiland. Betroffen sind 28 über die ganze Stadt verteilte Grundstücke mit einer Fläche von 6,3 Hektar.

Darauf könnten rund 450 Wohnungen errichtet werden. Möglich macht dieses Vorhaben ein Landesgesetz, das den Tiroler Gemeinden die Widmung von Vorbehaltsflächen vorschreibt, sollte der eigene Grund sowie jener von sozialen Wohnbauträgern ausgeschöpft und der Wohnbedarf immer noch nicht gedeckt sein – das heißt, sollte die Zahl der neuen Wohnungen für die wachsende Bevölkerung nicht ausreichen, was in Innsbruck, wo in den kommenden Jahren mehrere Tausend neue Wohnungen errichtet werden müssen, der Fall ist.

Widerstand in der Koalition

Bisher wurde das Gesetz allerdings noch nie umgesetzt. Und stößt nicht nur in der Opposition, sondern auch innerhalb der Stadtregierung auf Widerstand. „Mit dem grünen Wunschinstrument der Vorbehaltsflächen wird keine einzige leistbare Wohnung gebaut werden“, sagt Vizebürgermeisterin Christine Oppitz-Plörer („Für Innsbruck“). „Viel wichtiger wäre es daher, umgehend mit der Bebauung der in den letzten Jahren vorsorglich angekauften Flächen endlich zu beginnen.“ Diese Flächen reichen bei weitem nicht aus, um den Wohnbedarf zu decken, argumentiert hingegen Willi und erhält Unterstützung unter andrem von der SPÖ und von der für Wohnbau zuständigen ÖVP-Landesrätin Beate Palfrader.

Die Fronten sind also verhärtet und die Koalition in der Stadtregierung uneins, weswegen Willi bei einem Sondergemeinderat am Montag vorschlagen will, eine Volksbefragung durchzuführen. Um, wie er sagt, herauszufinden, wie die Innsbrucker selbst über Vorbehaltsflächen denken. Willi argumentiert vor allem auch damit, „dass steigende Wohnkosten die Kaufkraft drücken und auch die Wirtschaftskammer nicht dafür sein kann, dass hier einige wenige auf Kosten der anderen Wirtschaftstreibenden den Profit einstreichen“.

Die Schaffung von Vorbehaltsflächen sei im Gesetz zwingend vorgesehen und die Stadt Innsbruck müsse jedes Mittel nutzen, um Wohnen günstiger zu machen. Von Enteignungen – FPÖ-Chef Markus Abwerzger hatte von einer „de facto Enteignung“ gesprochen – könne keine Rede sein. Niemand müsse verkaufen, es ändere sich im schlimmsten Fall die Widmung.

„Entscheidung selbst verantworten“

„Im Mai 2017 waren nur sechs Gemeinderäte der FPÖ und der Liste RUDI gegen diese Vorbehaltsflächen. Jetzt gibt es einen Sinneswandel auch bei anderen Parteien“, sagt Willi. Ihm sei bewusst, dass sich im Moment keine Mehrheit im Gemeinderat für die Vorbehaltsflächen abzeichne. Aber alle Mitglieder des Gemeinderats müssten sich für ihr

Abstimmungsverhalten persönlich verantworten. „Und den Menschen, die sich ihre Wohnungen kaum noch leisten können und die von der Politik Lösungen erwarten, erklären, warum sie sich nicht auf ihre, sondern auf die Seite jener stellen, die auf Spekulationen und größtmögliche Gewinne setzen.“ Seit Jahren rede man von leistbarem Wohnen, wolle nun aber keine neuen, rechtlich sogar vorgesehenen Wege gehen, um dieses Ziel zu erreichen.

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