Prozess um Pyramidenspiel in Graz gestartet

Prozessstart am Montag in Graz
Prozessstart am Montag in GrazAPA/ERWIN SCHERIAU
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16 Angeklagte müssen sich in Graz wegen eines "Schenkkreises" verantworten. Sechs Fälle wurden schon am ersten Verhandlungstag mit Diversion erledigt

Im Grazer Straflandesgericht hat am Montag ein großer Prozess rund um ein steirisches Pyramidenspiel begonnen. Von 2006 bis 2008 sollen die 15 Angeklagten selbst gespielt und neue Teilnehmer geworben haben. Ihnen wurde teilweise auch Betrug angelastet, weil sie Neueinsteiger falsch informiert haben sollen. Sechs Fälle wurden gleich am ersten Tag diversionell erledigt.

Von den ursprünglich 16 Angeklagten waren nur 15 erschienen, einer leidet nach Angaben seiner Frau an Depressionen und blieb zu Hause. Angeklagt waren die Verbrechen bzw. Vergehen Pyramidenspiel, Betrug und in einigen Fällen auch Geldwucher. Um Ausfällen vorzubeugen, hatte Richter Andreas Rom acht Schöffen geladen, da der Prozess bis Mitte Jänner dauern soll.

"Wir haben es hier mit einem Familienunternehmen zu tun"

Staatsanwalt Hansjörg Bacher begann seinen Eröffnungsvortrag mit dem Hinweis auf die enge Verbindung der Angeklagten, die alle als führende Persönlichkeiten beim Pyramidenspiel dabei waren: "Sie waren alle verwandt, verschwägert oder bekannt. Sie sehen, wir haben es hier mit einem Familienunternehmen zu tun." Die Beschuldigten hätten alle Gewinne gemacht und andere Teilnehmer angeworben, "die dann auf ihrem Schaden sitzen geblieben sind."

Das Prinzip war immer gleich: 5000 oder 10.000 Euro mussten einbezahlt und zwei weitere Zahlungswillige angeworben werden, dann sollte nach kurzer Zeit der achtfache Betrag ausbezahlt werden. Einige der Angeklagten durchliefen diese Pyramide von 2006 bis 2008 mehrmals und lukrierten unter anderem Gewinne von 700.000 Euro. Obwohl schon bald erste Probleme mit der Auszahlung auftauchten, fanden sich unentwegt neue Teilnehmer. "Gier frisst Hirn", lautete für Bacher die Erklärung für dieses Phänomen.

Der Verteidiger der ersten beiden Beschuldigten, Harald Christandl, bezeichnete die Anklage als "völlig überzogen". Die Beträge, "die da herumschwirren", seien alle nicht belegt. Der Sachverständige habe nur "hypothetisch nachgerechnet, es gibt ja keine Buchhaltung." Die Kosten für das Gutachten von Fritz Kleiner, der jahrelang mit dem Fall befasst war, betragen 1,4 Millionen Euro und wurden mittlerweile beeinsprucht.

"Das sind keine Kriminellen"

Das Pyramidenspiel hat laut Verteidiger schon Jahre vorher in Deutschland begonnen, wo derartige Unternehmungen nicht strafbar sind und wo auch die Auszahlungen erfolgten. "Es war wie eine Tupperparty, nur in großem Stil", beschrieb es der Anwalt. Den Vorwurf des Betruges bestritt er für seine Mandanten. "Das sind keine Kriminellen, das waren ganz normale Staatsbürger, die sich haben hinreißen lassen."

Sechs Angeklagten wurde eine diversionelle Einigung angeboten, die sie gerne annahmen. Richter Andreas Rom wollte von einer Frau wissen, wie sie weitere Mitspieler geworben habe. "Das waren Freunde", meinte die Beschuldigte. "Jetzt auch noch?", interessierte den Vorsitzenden. "Ja, ich habe allen das Geld zurückgegeben", beteuerte die Befragte, für die das Verfahren ebenfalls am Montag schon zu Ende war. Auf die Frage des Staatsanwalts, ob sie weiteren Teilnehmern erklärte habe, sie könnten jederzeit aussteigen und würden ihr Geld zurückbekommen, antwortete eine der Angeklagten: "Nein, wie hätte das gehen sollen?" "Eben", bestätigte Bacher. Die Frau führte aus, bei Ausstieg hätte man einen Ersatz bringen müssen - damit würde aber der Betrugsvorwurf wegfallen. Diese Frage wird in den nächsten Wochen noch ausführlich erläutert werden.

Der Prozess wird am Dienstag mit der Befragung des 52-jährigen Hauptangeklagten, der das Pyramidenspiel initiiert haben soll, fortgesetzt.

(APA)

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