Weltweit immer weniger Wildtiere

Ein Eisbär frisst auf der norwegischen Inselgruppe Spitzbergen einen Delfin-
Ein Eisbär frisst auf der norwegischen Inselgruppe Spitzbergen einen Delfin-(c) APA/AFP/SAMUEL BLANC/HO (SAMUEL BLANC)
  • Drucken

Die Bestände an Tieren in der freien Natur schrumpfen kontinuierlich, auch in Österreich. Der Grund dafür: menschlicher Raubbau.

Wien. Weltweit ist die Zahl der Wildtiere seit 1970 um 60 Prozent zurückgegangen. Die Bestände der untersuchten Tierarten haben sich in 44 Jahren mehr als halbiert. Das geht aus einer Untersuchung der Umweltschutzorganisation WWF hervor.

Kernstück der WWF-Studie ist der „Living Planet Index“ (LPI), der Populationsdaten von Wirbeltierarten ermittelt und die durchschnittlichen Bestandsveränderungen darstellt. Dazu haben Forscher die wissenschaftlichen Daten zu 16.704 untersuchten Populationen von 4005 Wirbeltierarten weltweit ausgewertet: Säugetiere, Vögel, Fische, Amphibien und Reptilien. Das Artensterben ist nicht auf einzelne Gebiete der Welt beschränkt, sondern findet auf allen Erdteilen statt. Die Experten sind zu einem besorgniserregenden Fazit gekommen: Sollte eine Trendumkehr nicht im kommenden Jahrzehnt geschafft werden, ist es für viele Tierarten weltweit zu spät, um ein Überleben zu sichern. Es geht auch um die Bedeutung der Natur, die biologische Vielfalt und funktionierende Ökosysteme für die Ernährung und Sicherheit der Menschen, heißt es in dem Bericht. Der Rückgang war in den 1980er- und 1990er-Jahren am stärksten, aber bis heute verringerten sich die Arten jedes Jahr um durchschnittlich zwei Prozent.

Fest steht: Die Menschen verbrauchen zu viele natürliche Ressourcen, mehr als die Erde erneuern kann. Hauptgrund für das Schrumpfen der Tierbestände ist der Verlust von Lebensraum. Die Abholzung von Regenwäldern, Verstädterung und der Flächenverbrauch für Energieerzeugung und Bergbau bedrohen Naturräume. „Innerhalb von 50 Jahren nahm der für ein stabiles Klima wichtige Amazonasregenwald in seinem Ausmaß um 20 Prozent ab“, sagt Georg Scattolin, Experte für internationalen Artenschutz beim WWF Österreich. Die Wälder bedecken 30 Prozent der Erdoberfläche, beherbergen aber 80 Prozent aller landlebenden Tier-, Pflanzen- und Insektenarten. Weltweit verlangsamt sich zwar das Abholzen von Wäldern, allerdings schreitet der Verlust der artenreichen Tropenwälder voran. Hauptgrund: das Gewinnen von großen Flächen für die industrielle Landwirtschaft.

Keine Insel der Seligen

Für Österreich hat der WWF erstmals eine eigene Analyse von Experten von der Wiener Universität für Bodenkultur erstellen lassen. Sie haben rund 880 Datensätze aus den neun Bundesländern für alle Wirbeltierklassen (im Zeitraum von 1986 bis 2015) unter die Lupe genommen. Im untersuchten Zeitraum kam es zu einem Rückgang von durchschnittlich 70 Prozent. „Die Analyse zeigt, dass die Wirbeltierbestände in Österreich in einem schlechten Zustand sind“, warnt Arno Aschauer, Experte für nationalen Artenschutz beim WWF Österreich.

Der stärkste Rückgang hierzulande war Mitte der 1990er-Jahre, seither hat sich der Wert eingependelt. Weltweit aber war der stärkste Schwund bereits früher zu verzeichnen: Von 1970 bis 1986 sind bis zu 30 Prozent der Wildtiere verschwunden.

Die Umweltschutzorganisation fordert ein Maßnahmenbündel, um das Tiersterben zu stoppen. Besseres Monitoring, um verlässliche Daten zu erhalten, zählt dazu genauso wie eine Überarbeitung bestehender Richtlinien sowie die Erstellung eines politischen Aktionsplans samt Finanzmittel. (zoe)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.10.2018)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.