Starker Schneefall: Gefahr für Berg und Tal

Das kommende Skiwochenende bringt eine – vorsichtig formuliert –  angespannte Lawinensituation für Tourengeher.
Das kommende Skiwochenende bringt eine – vorsichtig formuliert – angespannte Lawinensituation für Tourengeher.(c) Naturfreunde …sterreich / Herm (hermann erber)
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Derzeit herrscht in Österreichs Bergen erhöhte Lawinengefahr – die Situation wird sich am Wochenende noch verschlimmern. Salzburg bittet das Militär um Unterstützung.

Wien. Es passiert selten, aber so mancher Skifahrer wird sich gestern, Donnerstag, wohl gewünscht haben, es würde doch bitte weniger schneien. Denn in der Hauptsaison, kurz nach den Feiertagen, standen in einigen heimischen Skigebieten wie Obertauern oder Gastein vereinzelt oder großflächig die Lifte still. Zu schlecht war die Sicht, zu groß die Menge an Neuschnee.

Mit dem Wochenende nimmt der Schneefall noch mehr zu. Schon jetzt gilt für die meisten Bergregionen akute Lawinengefahr. Das bedeutet auch Vorsicht auf der Straße, wo dieses Wochenende der Ferienheimreiseverkehr auf starken Schneefall trifft. Ein Ende ist derzeit nicht in Sicht. Ein Überblick über die Lage:

Lawinen

Das Schlüsselwort heißt Warmfront. Ihretwegen schneit es in ganz Österreich stark. Zum Teil bis zu 2,5 Meter über der Baumgrenze, so der Wetterdienst Ubimet. Gemeinsam mit dem starken Wind und den bereits vorhandenen Neuschneemengen der vergangenen Tage hat das die Lawinengefahr massiv erhöht – und sie wird noch weiter steigen. Auf den Bergen in Vorarlberg, Tirol, Salzburg und der Steiermarkherrschte schon am Donnerstag in weiten Teilen Stufe vier auf der fünfstufigen Gefahrenskala für Lawinenabgänge. Auch auf Niederösterreichs Bergen lag das Risiko zum Teil bei Stufe 3 oder 2. Für Sportler heißt das vor allem aufgepasst: Bereits ein einzelner Wintersportler könne in Steilhängen oberhalb der Waldgrenze frischen Triebschnee auslösen und einen Lawinenabgang verursachen, so Experten. Bei so viel Neuschnee und dem starken Wind seien auch spontane Lawinenabgänge ohne das Zutun eines Menschen möglich, warnte der Wetterdienst Ubimet.

Das Land Salzburg hat am Donnerstag bereits das Militärkommando um Unterstützung gebeten. „Wir wollen auf diese extreme Situation und den Notfall bestmöglich vorbereitet sein“, erklärte der Leiter des Salzburger Lawinenwarndiensts und Katastrophenreferent des Landes, Norbert Altenhofer. „Wir haben angesucht, die Lawineneinsatzzüge des Bundesheers in Saalfelden, Tamsweg, Hochfilzen und St. Johann im Pongau in Bereitschaft zu versetzen.“

Glimpflich ist dafür ein Lawinenabgang am Neujahrstag in Zell am Ziller (Bezirk Schwaz) geendet. Dort löste ein Einheimischer im freien Gelände auf rund 2400 Metern eine Lawine aus und wurde von den Schneemassen mit in die Tiefe gerissen. Der 49-Jährige konnte sich selbst befreien.

Verkehr

Während in den Bergen Lawinengefahr herrscht, muss man auf den Straßen mit Verkehrsbehinderungen rechnen. Bereits am Mittwoch hat der Schnee in weiten Teilen Österreichs – vor allem in höher gelegen Streckenabschnitten wie der Tauernautobahn – zu Verkehrsbehinderungen geführt. Auf einigen Gebirgsstraßen herrschte etwa Mittwoch und Donnerstag für alle Kraftfahrzeuge Schneekettenpflicht.

Auf der Pyhrnautobahn (A9) stellte sich ein Lkw quer, im Ennstal wurde eine Frau bei einem Verkehrsunfall verletzt. Über hundert Mal mussten die steirischen Feuerwehren zwischen Mittwochabend und Donnerstagfrüh zu technischen Hilfeleistungen wie dem Entfernen umgestürzter Bäume und der Bergung von der Straße gerutschter Fahrzeuge ausrücken. Denn etliche Autolenker hatten die über Nacht anspruchsvolleren Straßenverhältnisse nicht richtig eingeschätzt.

In Salzburg war trotz des Wetters am Mittwoch ein 73-jähriger Autofahrer mit Sommerreifen unterwegs gewesen – und prallte prompt gegen ein Brückengeländer. Auch die Einsatzkräfte kamen ins Schleudern. Ein mit 27 Tonnen Streusalz beladener Lkw ist Mittwochabend auf der Bahnhofstraße in Zirl (Bezirk Innsbruck-Land) auf der Schneefahrbahn in eine Böschung gerutscht. Der 60-jährige Lenker blieb unverletzt. „Wir appellieren an alle, derzeit ausschließlich mit Winterausrüstung unterwegs zu sein“, betonte daher Heimo Maier-Farkas von der Asfinag. „Unsere Tipps: Geschwindigkeit reduzieren und den Abstand zum vorderen Fahrzeug vergrößern.“

Wetter

Es schneit – vor allem an der Alpennordseite, und das wird bis Samstag so weitergehen. In Wien setzte gestern, Donnerstag, dichter Schneefall ein.

Doch während es im Rest des Landes – vor allem in den höheren Gebieten – bis Montag zum Teil kräftig durchschneit, wird der Schneefall in der Stadt in einen Schneeregen übergehen, so die Ubimet – bis am Dienstag die nächste Warmfront kommt, es also wieder schneien könnte.

Damit ändert sich auch die Situation in den Bergen nicht. Die akute Lawinengefahr – nämlich mit Stufe 4 oder sogar 5– wird das Land vermutlich leider noch eine Zeit lang begleiten. (win/APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.01.2019)

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