Auch die Gerichte sind dieser Tage mit dem Thema „schwere Gewalt gegen Frauen“ befasst. In Wien fanden am Donnerstag parallel zwei Verhandlungen statt. Ein Mann aus Mazedonien hatte versuchten Mord, ein Mann aus Afghanistan versuchte Vergewaltigung zu verantworten.
Wien. Während die dramatische Häufung von Frauenmorden Strafverfolgungsbehörden und Politik beschäftigt, werden ältere einschlägige Delikte derzeit strafgerichtlich aufgearbeitet. In Wien wurde am Donnerstag die Verhandlung gegen jenen 37-jährigen Mann aus Mazedonien fortgesetzt, der seiner schwangeren Ex-Freundin auf offener Straße 14 Messerstiche versetzt hatte. Die Frau wäre beinahe gestorben. Sie sitzt seit der Attacke am 23. Juli 2017 im Rollstuhl und ist auf permanente Pflege angewiesen.
Und: Die Frau verlor das Kind. Zum Motiv wollte der – wegen versuchter Vergewaltigung vorbestrafte – Täter nichts Konkretes sagen, nur so viel: Er habe die Frau keinesfalls an einen anderen verlieren wollen.
Im Straflandesgericht Wien wurde nun die Einvernahme des 32-jährigen Opfers per Video in den Gerichtssaal übertragen. Persönliches Erscheinen wäre der Frau nicht zumutbar gewesen. Laut der Frau habe der nunmehrige Angeklagte, Blerim A., vor ihrer Wohnungstür auf sie gewartet. Er habe Pfefferspray eingesetzt.
„Als ich am Boden war und geschrien habe, dass ich schwanger bin, hat er auf mich eingestochen.“ Sie habe mehrere „Stiche im Bauch“ gespürt. Sie habe einen Darmaustritt erlitten und dies mit eigenen Augen gesehen.
Die Staatsanwaltschaft brachte, wie berichtet, versuchten Mord und Schwangerschaftsabbruch zur Anklage. A. erklärte, er habe die Frau nicht umbringen wollen. Übrigens: A. war nach der Attacke in die Türkei geflüchtet. Bei der Rückkehr wurde er an der griechischen EU-Außengrenze geschnappt. Ein Urteil stand zuletzt noch aus.
Studentin auf Donauinselfest attackiert
Zeitgleich zu diesem Prozess wurde die Verhandlung um einen aus Afghanistan stammenden Flüchtling wiederholt, der wegen eines sexuellen Angriffs auf eine 21-jährige slowakische Austauschstudentin bereits verurteilt worden war. Der Spruch hatte damals auf versuchte geschlechtliche Nötigung gelautet. Die ursprüngliche Strafe: 18 Monate Haft, davon zwei Drittel bedingt (auf Bewährung). Der OGH hatte dieses – milde – Urteil aufgehoben. Zuvor hatte die Anklage Rechtsmittel eingebracht; der Staatsanwalt hatte sich nämlich für eine Verurteilung wegen eines schwereren Delikts, nämlich versuchter Vergewaltigung, starkgemacht.
„Der Mann wollte unbedingt Sex haben. Er hat mich zu Boden gerissen.“ Das hatte das Opfer im ersten Prozess (Oktober 2017, „Die Presse“ berichtete) angegeben.
Am Donnerstag kam es zur Neuauflage des Prozesses. Gleich vorweg: Wieder gab es keine Verurteilung wegen versuchter Vergewaltigung. Dafür wegen zweifacher geschlechtlicher Nötigung. Auch ein „Antanzen“ bzw. ein Bedrängen der Frau noch vor der eigentlichen Attacke fand sich im Urteil wieder. Die neue Strafe: 21 Monate Haft, davon aber nur fünf Monate unbedingt.
Abgespielt hatten sich die Angriffe am Donauinselfest im Juni 2017. Ein Polizist in Zivil hatte beobachtet, wie der Asylwerber die Studentin in ein Gebüsch zerrte. Dabei habe der Mann eine Art Würgegriff angewendet. Als er der Frau das T-Shirt vom Leib reißen wollte, schritt der Beamte ein.
Im ersten Prozess hatte der Angeklagte von Freiwilligkeit der Frau gesprochen und gemeint: „Ich hatte das Gefühl, dass es ihr gefällt.“ Nun bei der Neuauflage sagte der 20-Jährige, der als Lehrling in einem Restaurant beschäftig ist, er habe „die Situation missverstanden“. Sexuelle Absichten bestritt der Mann mit Hinweis auf seine Herkunft. Ihm sei aus kulturell-religiösen Gründen Sex vor der Ehe verboten. (m. s./APA)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.01.2019)