Möglicher "Hitler-Gruß" auf Donnerstags-Demo: FPÖ droht mit Parteiausschluss

In sozialen Netzwerken veröffentlichte Fotos zeigen einen Mann, der sich mit erhobener rechten Hand an einem Fenster der Burschenschaft Gothia zeigt. Auf dasselbe Haus feuerten Demo-Teilnehmer Pyrotechnik. Dabei geriet eine Fahne am Haus in Brand.

Das Wiener Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung prüft Bilder, die offenbar ein Mitglied der deutschnationalen Burschenschaft Gothia beim "Hitler-Gruß" zu zeigen scheinen. Aufgenommen wurden die Bilder laut einem israelischen Journalisten, der sie via Twitter verbreitete, bei der gestrigen Donnerstags-Demo vor dem Haus der Burschenschaft in Wien-Josefstadt. Auf dasselbe Haus hatten Demonstranten mit Pyro-Technik gefeuert.

Der auf dem Bild zu sehende Mann ist offenbar FPÖ-Mitglied. In einer Aussendung am Freitag drohte FP-Generalsekretär Christian Hafenecker nämlich im Fall einer Bestätigung der Vorwürfe mit Parteiausschluss. Zuvor forderte Hafenecker aber eine "lückenlose Aufklärung" anhand von Videomaterial. 

Die Wiener Polizei sagte, dass man die Fotos kenne und dem Landesamt für Verfassungsschutz zur Prüfung weitergeleitet habe. Auf den Bildern ist zu sehen, wie ein junger Mann offenbar im Haus der Burschenschaft Gothia mit erhobener Rechter am Fenster steht und dabei vom Nachbarhaus aus beobachtet wird. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Hafenecker: Videoaufnahmen für Aufklärung

"Erfahrungen aus der Vergangenheit zeigen uns, dass bei Standbildern oftmals ein komplett konträres Bild erzeugt wird", meinte Hafenecker mit Blick auf die via Social Media verbreiteten Fotos. "Daher sind auch im gegenständlichen Fall Bewegtbilder notwendig, um eine objektive Einschätzung treffen zu können", so der FP-Generalsekretär. Auch beim FP-Neujahrstreffen habe der Verdacht, ein Besucher habe gegen Ende der Veranstaltung einen Hitlergruß gezeigt, nämlich mit Video- und Tonmaterial widerlegt werden können.

Der Fotograf Daniel Weber, der die Donnerstags-Demos regelmäßig begleitet, meinte, der darauf zu sehende Mann habe wohl provozieren wollen. Ob es sich bei der Geste am Donnerstagabend um einen Hitlergruß gehandelt hat oder nicht, wollte der Fotograf nicht beurteilen. Entstanden sind die Fotos seinen Angaben zufolge, als die Demonstration gerade im Begriff war weiterzuziehen, und sich Demonstranten und Burschenschafter gegenseitig provoziert hätten. Bei der Geste habe es sich um ein missverständliches Winken gehandelt: "Das war ein Winken, das ich so nicht machen würde."

Die Burschenschaft gab sich zu der Causa verschlossen und wollte auf telefonische Nachfrage nicht kommentieren, ob es sich bei dem abgebildeten Mann um ein Mitglied der Verbindung handelt und legte sofort wieder auf: "Dazu kann ich keine Auskunft geben. Vielen Dank, wiederhören."

"Persönliche Erklärung" des Beschuldigten

Der Beschuldigte hat nun eine "persönliche Erklärung" auf Facebook gepostet, Zitat: "Ich habe keinen "Hitlergruß" gezeigt. Das Foto entstand, als ich - durch die Schmähungen und Angriffe auf das Haus der Burschenschaft provoziert - den Demonstranten zugewunken habe. Es handelt sich um eine Momentaufnahme dieses Zuwinkens, ausgesucht mit dem offensichtlichen Ziel, mich in dem beschriebenen Sinn zu diskreditieren."

Israelische Botschafterin kommentiert Vorfall

Die israelische Botschafterin in Wien Talya Lador twitterte: "Es trifft mich sehr, solche Bilder zu sehen. Umso mehr jetzt in diesen Tagen, wo wir den Opfern des Holocaust gedenken." Sie vertraue auf die österreichischen Behörden, die Umstände auzuklären und Konsequenzen zu ziehen.

Peter Pilz von der Liste Jetzt erinnerte indessen daran, dass mit Alexander Höferl einer der wichtigsten Mitarbeiter des Kabinetts von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) Mitglied der Burschenschaft Gothia sei. Er forderte Kickl auf, sich von Höferl zu trennen und will nun via parlamentarische Anfrage in Erfahrung bringen, was Höferls Sicherheitsüberprüfung im Innenministerium in Bezug auf diese rechtsextreme Burschenschaft ergeben habe.

Pyro-Technik steckte Fahne in Brand

Rund 2.000 Personen haben an der dieswöchigen Donnerstags-Demonstration in Wien teilgenommen. Dabei kam es zu einem weiteren Zwischenfall vor der Bude der Burschenschaft Gothia in der Schlösselgasse: Demonstranten schossen mittels Pyrotechnik auf das Gebäude, eine am Haus befestigte deutsche Fahne geriet dabei in Brand, wie die Polizei am Donnerstagabend bestätigte. Ob dies eine Reaktion auf den vermeintlichen "Hitler-Gruß" war, ist nicht geklärt.

Außerdem meldete die Polizei einige weitere Fälle von Sachbeschädigungen: Hausfassaden wurden dabei durch rohe Eier und Damenbinden verunreinigt. Sonst verlief die Demonstration ruhig, so ein Sprecher der Wiener Polizei. Es gab zwei Identitätsfeststellungen, sagte er.

FPÖ kritisiert

Scharfe Kritik an den Demonstranten übte FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker.  "Diese Gewaltbereitschaft gegen Andersdenkende - vor denen ich bereits gewarnt habe - nimmt nun gefährliche Ausmaße an", meinte Hafenecker, der gleich das Staatsoberhaupt anrief: "Hier schlichtend einzugreifen und zur Ruhe und Besinnung aufzufordern, liegt in der Hand von Bundespräsidenten (Alexander, Anm.) Van der Bellen. Gerade dieser habe bei seinem Amtsantritt betont, Brücken bauen zu wollen".

Auch der Vorsitzende des Pennälerringes und Organisator des am Freitag stattfindenden freiheitlichen Akademikerballs, Udo Guggenbichler meldete sich zu Wort: Offensichtlich seien "die Gewaltbereiten auf der Straße" und man könne der "Ruhe vor dem Sturm" vor dem Ball nicht trauen, so der Landtagsabgeordnete in einem Statement.

"Weil auf Häuser zu schießen, das haben wir in Österreich lange nicht mehr erlebt. Es ist bedauerlich, dass die Antifa mit Gewalttaten auf Twitter prahlt", sagte Guggenbichler zu einem von einem linken Account geposteten Video des Vorfalles. Darüber hinaus nahm er auch den Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) in die Pflicht: "Ich fordere von Ludwig eine Distanzierung von Gewalttaten auf den Straßen von Wien im Vorfeld des Akademikerballs", sagte er. "Besonders die SPÖ müsste sich daran erinnern können, dass in der Zwischenkriegszeit auf Gemeindebauten geschossen wurde - wehret den Anfängen", so der Burschenschafter.

(APA)

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