Herzinfarkt-Patienten zum Teil erst nach zwei Stunden im Spital

Bei etwas 25 Prozent der Herzinfarkt-Patienten dauerte es mehr als zwei Stunden bis zur Aufnahme (Symbolbild)
Bei etwas 25 Prozent der Herzinfarkt-Patienten dauerte es mehr als zwei Stunden bis zur Aufnahme (Symbolbild)APA/JAKOB GRUBER
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Ein Rechnungshof-Bericht zeigte, bei einem Viertel akuter Patienten in Wien dauerte es mehr als zwei Stunden bis zur Aufnahme. Grund dafür war die zeitintensive Suche nach einer Versorgungsmöglichkeit.

Der Wiener Stadtrechnungshof hat sich angeschaut, wie viel Zeit verstreicht, bis schwer kranke oder schwer verletzte Personen von der Berufsrettung an ein Spital übergeben werden. Das Ergebnis: Bei einem Viertel der Patienten dauerte es mehr als zwei Stunden bis zur Aufnahme. Grund dafür war die zeitintensive Suche nach einer Versorgungsmöglichkeit für die Betroffenen.

Im Fokus der Überprüfung, deren Ergebnis am Donnerstag in Form eine Berichts veröffentlicht wurde, stand die Koordinierung des Ablaufes der Übergabe von schwer kranken bzw. verletzten Personen durch die Wiener Rettung (MA 70) an Spitäler des Wiener Krankenanstaltenverbundes (KAV). Dabei handelt es sich etwa um Patienten mit einem Schlaganfall, Herzinfarkt oder Verbrennungen oder Vergiftungen.

Dafür zogen die Prüfer 40 Beispiele heran, die von der Rettung als "problematisch" beurteilt worden waren. Auswahlkriterium für die Fälle, die sich zwischen Mai 2016 und Juni 2018 ereigneten, war eine auffallend lange Zeitdauer von der Alarmierung der Einsätze bis zur Abgabe der Patienten in einer Krankenanstalt, hieß es im Bericht.

Die Untersuchung der Fälle legte offen, wie umständlich teils die Suche nach einer rasch verfügbaren, geeigneten Versorgung der Patienten im Akutfall sein kann. Zwar verfügen die Rettung und die KAV-Spitäler seit Jahren über ein gemeinsames elektronisches Datenverarbeitungsprogramm zur Koordination der verfügbaren Spezialbetten, die in solchen Fällen benötigt werden. Aber: "Trotzdem musste die Rettungsleitstelle oftmals vor den Rettungszufahrten in die Krankenanstalten zeitintensive Telefonate mit unterschiedlichsten Ansprechpersonen in der Unternehmung Wiener Krankenanstaltenverbund führen", hieß es im Bericht.

Spezialbetten oft belegt, oder falsch kommuniziert

Der Grund dafür war, dass das Datenverarbeitungssystem nicht immer die tatsächlich aktuelle Zahl an freien Betten und Aufnahmemöglichkeiten lieferte. Daher rief die Rettungsleitstelle auf der Suche nach einer Versorgungsmöglichkeit häufig in mehreren Spitälern an. Gründe für die Ablehnung von Rettungszufahrten waren zum Beispiel, dass alle Spezialbetten belegt seien oder das letzte noch freie für den Eigenbedarf reserviert sei. Auch mit mangelnden personellen Kapazitäten wegen der Versorgung von kurz zuvor aufgenommenen Patienten wurde argumentiert. In letzter Konsequenz war in Einzelfällen eine Transferierung nach Niederösterreich als letzter Lösungsansatz angesehen worden.

Ab 2017 änderte die Rettung ihre Vorgehensweise. Nun pochte sie auf die Versorgungspflicht von Krankenhäusern, die Patienten wurden in das nächstgelegene Spital gebracht. Schlaganfallpatienten hätten so einer rascheren Erstversorgung zugeführt werden können, hieß es in dem Bericht. Unfallopfer, die in einem Schockraum erstversorgt werden müssen, seien für die Rettungsleitstelle bei Kapazitätsengpässen dennoch "schwer disponierbar" gewesen.

Der KAV argumentierte gegenüber dem Stadt-Rechnungshof die Ablehnungen bei den 40 ausgewählten Fällen u.a. mit dem Hinweis auf "den Umstand von Kommunikationsdefiziten". So beobachteten die Prüfer eine Häufung von Ablehnung bei Schlaganfallpatienten, was mit teilweise fehlenden telefonischen Ankündigungen durch die MA 70 begründet wurde. Warum es aber in zumindest zwei Fällen zur Ablehnung von Patienten mit toxikologischen Indikationen gekommen war, obwohl die von der Rettungsleitstelle angefragte Toxikologische Intensivstation nicht voll belegt war, konnte der KAV nicht nachvollziehen, hieß es.

Der Stadtrechnungshof empfiehlt den beiden Dienststellen KAV und MA 70 u.a. eine Intensivierung der Zusammenarbeit und des Informationsaustausches, um auftretende Fragen und Probleme in der Zusammenarbeit zeitnah zu erkennen und zu lösen. Weiters müsse das Datenverarbeitungsprogramm über die freie Zahl an Intensivbetten optimiert werden. Sowohl der KAV als auch die MA 70 versicherten in Stellungnahmen gegenüber dem Stadtrechnungshof, dass an der Umsetzung der Empfehlungen gearbeitet wird.

KAV: Lange Wartezeiten „absolut inakzeptabel“ 

Bei einer spontan am Donnerstag einberufenen Pressekonferenz des KAV und der Berufsrettung wurde betont, dass bereits Gegenmaßnahmen gesetzt worden seien. Michael Binder, medizinischer Direktor des KAV, bezeichnete dabei die langen Wartezeiten für Akutpatienten als "absolut inakzeptabel". "Wir nehmen die Erkenntnisse des Rechnungshofes sehr ernst", sagte er.

Nachdem der Rechnungshof den KAV über die Prüfungsergebnisse informiert hatte, habe man sofort mit Maßnahmen reagiert, so der medizinische Direktor. Seither würde etwa in Echtzeit abrufbar sein, in welchem Krankenhaus wie viele Betten zur Verfügung stehen. Das betreffende Computerprogramm sei zum Zeitraum der Überprüfung des Rechnungshofes "nicht auf dem aktuellen Stand" gewesen und Wartungsarbeiten unterzogen worden, gestand man am Mittwoch ein.

80 Prozent der Patienten sollen innerhalb von 15 Minuten ins Spital kommen

Durch die Verbesserung des Betteninformationssystems wären auch nur mehr maximal zwei Anrufe im jeweiligen Krankenhaus notwendig, erklärte Rainer Gottwald, Leiter der Berufsrettung Wien. Damit könne man Zeit sparen. Das gemeinsame Ziel sei nun, 80 Prozent der Patienten innerhalb von 15 Minuten an ein Spital zu übergeben. Patienten mit besondere medizinischen Herausforderungen sollen innerhalb von 25 Minuten einen sicheren Platz in einem Krankenhaus haben.

Seitdem die Notärzte der Berufsrettung im April 2017 vom KAV übernommen wurden, ist laut Gottwald auch die Kommunikation zwischen den Notärzten und den Ärzten in den Notaufnahmen besser. Auch der Ausbau der Zentralen Notaufnahmen in Krankenhäusern hätte die Situation verbessert.

Keine ähnlichen Fälle mehr im Vorjahr

Moritz Haugk, Leiter der Abteilung für Notfallmedizin im Krankenhaus Hietzing, erklärte, dass die Bettensuche stets parallel zur medizinischen Versorgung der Patienten vor Ort erfolgen würde. Wenn die Versorgung länger dauere - beispielsweise aufgrund einer Reanimation - würde auch deswegen oft viel Zeit vergehen, bis der Patient ins Spital eingeliefert werden könne.

Im vergangenen Jahr, also erst nach der Untersuchung des Stadtrechnungshofes, habe es jedenfalls keinen ähnlichen Fall mehr gegeben, wurde versichert. Darüber hinaus habe, nach Kenntnissen des KAV, auch kein Patient einen Schaden durch die Verzögerungen erlitten.

(APA)

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